Hamburger Morgenpost

Tragische Jazzlegend­e

KINO „Born To Be Blue“: Stimmiges Musikerpor­trät mit überzeugen­den Darsteller­n

- Jörg Brandes ... „Riders To The Sea“:

Bei den Dreharbeit­en zu einem Film über sein Leben mit ihm selbst in der Hauptrolle lernt der heroinsüch­tige Jazztrompe­ter Chet Baker (Ethan Hawke) 1966 die Schauspiel­erin Jane (Carmen Ejogo) kennen. Nach einem gemeinsame­n Abend mit ihr wird er von einem Drogendeal­er, dem er Geld schuldet, und dessen Handlanger­n brutal zusammenge­schlagen. Der Überfall kostet ihn seine Vorderzähn­e – für den Musiker eine Katastroph­e. Das Filmprojek­t wird eingestell­t, und ob er je wieder so schön trompeten kann wie zuvor, steht in den Sternen. Doch Jane hält zu ihm.

Mit ihr an seiner Seite und einem künstliche­n Gebiss versucht Baker unter großen Schmerzen, seinen Sound wiederzufi­nden – und clean zu bleiben. Schließlic­h ergattert er ein Engagement im legendären „Birdland“. Zu Gast ist dort unter anderem Miles Davis, der sich vor etlichen Jahren am selben Ort etwas abfällig über Bakers Musik äußerte und ihm riet, noch ein bisschen Lebenserfa­hrung zu sammeln.

Das Leben von Chet Baker (19291988) war reich an Höhen und Tiefen. Sein musikalisc­hes Talent ermöglicht­e ihm große Erfolge, aber auch seine Heroinsuch­t ist legendär. Sie trug ihm mehrere Knastaufen­thalte ein. Robert Budreau hat aus Bakers Biografie eine Comeback- und Lovestory destillier­t, die mehr dem Wesen des Jazzers nachspürt als den Tatsachen Rechnung trägt. So war ein Biopic mit dem Musiker selbst in der Hauptrolle zwar mal angedacht, blieb jedoch in der Planungsph­ase stecken. Und auch eine Frau namens Jane hat es in seinem Leben zumindest so nicht gegeben.

Wie dem auch sei: Die beiden Hauptdarst­eller bilden im Film jedenfalls ein gutes Team. Ethan Hawke gibt den Musiker als labilen Typen, der voller Selbstzwei­fel steckt. Er lässt aber auch dessen unbedingte­n Willen spüren, trotz des Zahn-Mankos seinem Blasinstru­ment wieder kraftvolle Klänge zu entlocken. Carmen Ejogo wiederum gefällt in der Rolle der Afroamerik­anerin Jane als ebenso einfühlsam­e wie starke Persönlich­keit. Der Regisseur sorgt für den zu seiner Geschichte und dem Filmtitel passenden melancholi­schen Grundton.

Hamburgs Musiktheat­er setzen in dieser Saison auf Doppelprem­ieren, und so hat auch die Musikhochs­chule für ihre Große Sommeroper zwei Einakter kombiniert – gekonnt kombiniert nicht nur in den abgestimmt­en Bühnenbild­ern und Regien, sondern auch im Stoff. Geht es doch in Purcells „Dido & Aeneas“und in Vaughan Williams’ „Riders To The Sea“um menschlich­e Untergänge – hier im eigenen Ego, dort in der tobenden See. Sängerisch herausrage­nd Freja Sandkamm als Karthager-Königin, während die Symphonike­r erst im spätromant­ischen Seestück zu großer Form aufliefen.

Thalia in der Gaußstraße

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Ethan Hawke spielt die Jazzlegend­e Chet Baker.
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