Der Sarg-Skandal von Eppendorf
Wie eine „Künstlerin“mit einer geschmacklosen Aktion gegen Flüchtlinge für Empörung sorgt. Bezirks-Chef: „Wir wurden reingelegt“
Die „Sarg-Installation“von Eppendorf: Jetzt spricht Bezirksamtschef Harald Rösler (SPD) – und wirft der „Künstlerin“vor, die Behörde bei dem Antrag zur Genehmigung getäuscht zu haben. Mit der makabren Kiste hatte die Frau gegen die erste Flüchtlingsunterkunft in dem privilegierten Quartier protestieren wollen. Ihre Trauer galt der kleinen Grünfläche, auf der die Häuser erbaut werden sollen.
Tatsächlich war die Aktion am Loogeplatz vom Bezirksamt Nord genehmigt worden. „Eine Hobbykünstlerin hatte beantragt, im Zusammenhang mit dem Eppendorfer Landstraßenfest ein Kunstobjekt zu präsentieren“, erklärt Harald Rösler. „Angekündigt war eine Kiste mit Kunstrasen.“
Dass es sich dabei um einen Sarg handeln würde, verziert mit einer Schärpe „Opfer Rot/Grüner Borniertheit“, ahnte bei der Genehmigung niemand. „Wir sind hinters Licht geführt worden“, so Rösler hörbar verärgert, „es wird nie wieder passieren, dass aufgrund so vager Angaben eine Genehmigung erteilt wird.“
Er selbst habe erst auf dem Eppendorfer Landstraßenfest am Sonnabend von dem „verstörenden Unfug“erfahren: „Ich habe die Bescherung gesehen und sofort angeordnet, dass das abgeräumt wird.“
Auf der städtischen Wiese soll im kommenden Jahr die erste Flüchtlingsunterkunft in Eppendorf entstehen, die kleinste der ganzen Stadt, für nur 104 Menschen, befristet auf zehn Jahre.
„Das ist der kleinste denkbare Kompromiss“, so Rösler, „und selbst der wird angegriffen von einigen Leuten, die den Stadtteil am liebsten ganz ohne Flüchtlinge halten wollen.“Tatsächlich hat Eppendorf bisher keinen Beitrag zur Aufnahme von Flüchtlingen geleistet.
Auf Veranstaltungen äußern Bürger Sorge, dass die „Infrastruktur“für zusätzliche Menschen nicht ausreichen würde, dass es durch Flüchtlinge weniger Parkplätze und mehr Kriminalität gebe, und immer wieder kochte die Wut über angeblich mangelnde Bürgerbeteiligung.
Diesen Vorwurf weist Rösler entschieden zurück: „Das ist objektiv falsch. Aber es gibt Bürger, für die ist eine Beteiligung erst dann erfolgt, wenn sie ihre Standpunkte durchgesetzt haben.“
Eine geplante Anlage von Expresswohnungen für 2400 Menschen an der Osterfeldstraße ließ die Wellen erstmals Anfang 2016 hochschlagen. Das Projekt scheiterte schließlich aber nicht (nur) an den Anwohnerprotesten, sondern Nichtzustandekommen einer Einigung mit dem Investor.
In der Folge wurde eine Unterbringung mit zwei Standorten angedacht: 88 Plätze im Seelemannpark, befristet auf drei Jahre, und 104 Plätze auf der städtischen Grünfläche am Loogeplatz. Der denkmalgeschützte Seelemannpark wurde nach erbitterten Protesten fallen gelassen – blieb nur noch die Wiese, auf der nun der Sarg auftauchte.
Am Pfingstsonntag sprach Rösler anlässlich der 750Jahr-Feier in der Eppendorfer Johanniskirche – und fand deutliche Worte für die Engherzigkeit eines Teils der Eppendorfer: „Es scheint etwas dran zu sein an der These, dass Stadtteile mit weniger Privilegien, mit weniger begüterter Bevölkerung, mit weitgehendem Verzicht auf Luxus – dass sie ein offeneres Herz haben. Jede Woche werden neue Einwände ins Feld geführt, über die man anderswo nur noch den Kopf schüttelt.“Seine Forderung: Die große Mehrheit, die sich der „wutschnaubenden Mitbürger“schämten, sollten klare Kante zeigen.
Am Mittwoch, 21. Juni, findet eine Bürger-Info des Bezirks zu der Unterkunft Loogeplatz statt, um 18 Uhr, in der Stadtteilschule Eppendorf (Curschmannstraße).
„Ich habe sofort angeordnet, dass das abgeräumt wird.“Harald Rösler