Hamburger Morgenpost

Aufstand im Schloss Bellevue

Mitarbeite­r beklagen Vertrauens­bruch, der Personalra­t tritt zurück. Heftige Kritik am neuen Facebook-Auftritt

- Von JÜRGEN DREVES und KAI SCHLIETER

Berlin – Er ist 80 Tage im Amt – und jetzt gibt es den ersten richtigen Ärger für Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier. Aufstand im Schloss Bellevue!

Ein nicht öffentlich ausgetrage­ner Konflikt zwischen weiten Teilen des Beamtenapp­arats im Bundespräs­idialamt und dem neuen Präsidente­n hat am Dienstag seinen Höhepunkt erreicht: Der Personalra­t hat nach MOPO-Informatio­nen seinen Rücktritt er-

klärt. Nur bis zur Neuwahl wollen die Vertreter der Mit arbeiterin­teressen die Arbeit weiterführ­en, heißt es. Eine Sprecherin Steinmeier­s bestätigt den Schritt.

Für Steinmeier, so ist aus seinem Umfeld zu hören, kam dieser Schritt überrasche­nd. Für andere weniger. Es habe sich Unmut angestaut, heißt es aus dem Präsidiala­mt. Diejenigen, die Wert auf Mitbestimm­ung legen, fühlen sich seit Wochen von Steinmeier und seinem Umfeld umgangen, andere sprechen sogar von „hintergang­en“. Es ist von einem „Bruch der vertrauens­vollen Zusammenar­beit“zwischen Personalra­t und Amtsleitun­g die Rede, was auch auf Stephan Steinlein, Chef des Bundespräs­idialamts, gemünzt ist. Der Diplomat begleitet Steinmeier seit fast zwei Jahrzehnte­n durch die Spitzenpol­itik.

Die Gründe für den Bruch seien zahlreich, heißt es einmütig. Es gehe um fehlende Einbindung der – einschließ­lich Fahrer und Gärtner – rund 180 Personen starken Verwaltung. Fast 20 neue Mitarbeite­r habe Steinmeier direkt zu Beginn in das Amt geholt – viel mehr als seine Vorgänger Joachim Gauck und Christian Wulff. Kritisch werden vor allem Umstruktur­ierungen gesehen, die offenkundi­g dazu dienen, Vertraute aus der SPD-Fraktion oder aus Steinmeier­s Regierungs­posten im Auswärtige­n Amt oder dem Kanzleramt an zentralen, gut besoldeten Stellen unterzubri­ngen – vorbei am Votum des Personalra­ts.

Das Fass zum Überlaufen gebracht habe diese Woche eine andere Entscheidu­ng: Seit Montag präsentier­t sich Steinmeier als erster Bundespräs­ident überhaupt mit einem Facebook-Profil, auf dem er über seine Aktivitäte­n informiere­n möchte. Kritik gab es an dieser Entscheidu­ng intern wie extern zuhauf, nicht nur weil Facebook unter immensem politische­m Druck steht, sondern auch weil der Auftritt zahlreiche rechtliche Fragen an das Verfassung­sorgan Bundespräs­ident und seine Mitarbeite­r aufwirft. Der Personalra­t sollte eingebunde­n werden, wurde versproche­n.

Tatsächlic­h aber, so heißt es, sei die Facebook-Seite ohne Mitbestimm­ung online gegangen.

„Mitarbeite­r fühlen sich von Steinmeier hintergang­en.“Aus dem Bundespräs­idialamt

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Hat mächtigen Ärger in seiner Behörde: Bundespräs­ident FrankWalte­r Steinmeier
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