Der Rote Diktator die Macht an sich reißt
11.11.1918 Heinrich Laufenberg ist der starke Mann der Novemberrevolution
November 1918: Schon seit vier Jahren tobt der Erste Weltrieg. Die Bevölkerung hungert und friert. Und auch die Soldaten sind es leid, ihren Kopf für den Kaihinzuhalten. ser Als dann der Marine auch noch der Befehl erteilt wird, zu einem sinnloletzten sen Gefecht auszulaufen, ist das Maß voll. Matrosen in Kiel gehen am 3. November auf die BarrikaZwei den. Tage später, am 5. November 1918, bricht in Hamburg die Revolution aus.
Heinrich Laufenberg wird zu einer der Schlüsselfiguren des Umsturzes. Für kurze Zeit, vom 11. November 1918 bis zum 20. Januar 1919, ist er Chef des Großen Arbeiterraund tes damit der „Rote DikGroßhamburgs“. tator Laufenberg stammt aus Köln. Der Historiker bekommt 1907 den Auftrag, die Geschichte der Hamburger Arbeiterbewegung zu schreiben und wird ab 1914 zum Wortführer der Kriegsopposition in der Stadt. Laustellt fenberg sich gegen die SPD, die einen „Burgfrieden“mit dem verhassten Kaiserreich geschlossen hat. Es kommt zur Spaltung der Partei: die Linken sammeln sich in der USPD, aus der später die KPD wird.
Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs hat das Generalkommando des IX. Armeekorps in Altona diktatorische Vollmachten. Die Generale, die jetzt die Stadt regieren, greifen hart durch – vor allem gegen Personen, die gegen den Krieg sind. Im August 1915 wird Laufenberg zwangsweise zum Frontdienst verdonnert – die härteste aller denkbaren Strafen für einen Pazifisten. Der Widerstand ist vorläufig seines Führers beraubt – vernichtet ist er deshalb aber nicht. Getarnt als Wanderverein setzt der verbotene sozialdemokratische Jugendbund seine Arbeit fort. Mehrfach ruft er zu Friedensdemos auf. „Nieder mit dem Krieg!“, wird in Hamburgs Straßen skandiert. Die Polizei prügelt auf die Demonstranten ein.
Dann kommt der 5. November 1918. Am Abend versammeln sich 6000 Menschen im Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof. Generalstreik! Noch in der Nacht bringen meuternde Matrosen den Elbtunnel und den Hauptbahnhof unter Kontrolle und kapern tags darauf die Torpedoboote im Hafen.
Dramatisch wird es, als die revoltierenden Matrosen am 6. November Zugang zu den Kasernen an der Bundesstraße fordern. „Aus verschiedenen Fenstern der Kasernen blitzten die Rohre der Maschinengewehre“, schreibt Laufenberg in seinen Erinnerungen. „Als die Bedienungsmannschaften die energische Haltung der Demonstranten sahen, eröffneten sie das Feuer. Voll Zorn und Wut über diese Tat antworteten die Matrosen und Soldaten mit einer Gewehrsalve.“Etliche Menschen sterben.
Am 10. November geht Kaiser Wilhelm II. ins holländische Exil, die alte Ordnung ist hinweggefegt – und über dem Hamburger Rathaus weht die rote Fahne. „Der Arbeiter- und Soldatenrat hat die Ausübung der politischen Gewalt im Hamburgischen Staatsgebiet übernommen“, verkündet Laufenberg. „Senat und Bürgerschaft bestehen nicht mehr.“
Laufenberg träumt von der „Diktatur des Proletariats“, von einer klassenlosen Gesellschaft à la Marx und Engels. Doch die Menschen folgen ihm nicht. Massenhaft gehen Sozialdemokraten und Gewerkschafter gegen ihn auf die Straße.
Nach zwei Monaten tritt Laufenberg zurück
Als bei den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 die Hamburger SPD 51,3 Prozent erhält, zieht er die Konsequenz und tritt zurück. Die rote Fahne verschwindet vom Rathaus. Von jetzt an regiert die SPD die Stadt in wechselnden Koalitionen. Verarmt stirbt der „Rote Diktator“am 3. Februar 1932 – gerade rechtzeitig, um das Drama nicht mitzuerleben, das 1933 mit der Machtübernahme der Nazis seinen Anfang nimmt.