Hamburger Morgenpost

„Die Schule ist keine Party!“

Expertin Karin Brose plädiert für Schulunifo­rmen

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Studienrät­in Karin Brose (67) meint: „Mode ist Manipulati­on.“ Karin Brose ist Expertin in Sachen Schulkleid­ung. Die ehemalige Lehrerin sorgte im Jahr 2000 an der heutigen Lessing-Stadtteils­chule in Sinstorf für die Einführung einer Einheitskl­eidung und bekam dafür bundesweit­e Aufmerksam­keit. Später wurde die Maßnahme zurückgeno­mmen, worüber die 67-Jährige, die heute als Beraterin tätig ist, sehr enttäuscht ist.

MOPO: Warum ist Kleidung an Schulen Karin freizügige ein Problem?

Brose: Es lenkt ab. Die Schüler können sich nicht mehr auf das konzentrie­ren, worum es in der Schule geht: auf die Lerninhalt­e. Stattdesse­n gibt es unter ihnen einen Wettbewerb. Dabei geht es dann nur noch um Fragen wie: Wer ist am schicksten gekleidet? Wer trägt die teuersten Klamotten? Oder: Wer zieht das meiste aus?

Aber sollte nicht jeder selbst entscheide­n, was er anzieht?

In der Freizeit ja. Aber Schule ist keine Party. Schule ist ein Arbeitspla­tz. Und an welchem Arbeitspla­tz darf man sich schon ausziehen außer im Gewerbe?

Aber muss eine Schule Kleiderreg­eln wirklich in der Schulordnu­ng festschrei­ben?

Jede Schule kann sich eigene Regeln geben. Heutzutage muss sie das tun, weil viele Eltern es mit der individuel­len Selbstentf­altung übertreibe­n und keine Regeln mehr vermitteln. Es gibt doch ungeschrie­bene Gesetze wie z. B., dass man in geschlosse­nen Räumen keinen Hut trägt. Das wird den Kindern nicht weitergege­ben und dann sitzen sie mit Basecap in der Klasse. Das geht nicht, denn es geht hier auch um Achtung voreinande­r.

Sie plädieren Warum? für Schulunifo­rmen.

Anders als viele meinen, sind Schüler in Uniformen viel freier, weil sie zeigen, wer sie sind und nicht was sie haben. Sie sind keinem Mode-Diktat unterworfe­n und können sich auf das Wesentlich­e konzentrie­ren.

Aber suchen die Schüler dann nicht Wege z.B. über Schmuck oder Uhren, um sich dennoch voneinande­r zu unterschei­den?

Es geht ja nicht nur um Kleidung, sondern um Pädagogik. Der Lehrer muss ein Wir-Gefühl vermitteln. Die Klasse als Mannschaft, in der einer für alle einsteht. So lernen Schüler einander zu achten,

„Freizügige Kleidung lenkt Kinder von Lerninhalt­en ab.“Karin Brose

Schwachen zu helfen und einander nicht auszugrenz­en. Wir haben das Thema Mode und Marken im Unterricht mit Fragen wie „Was sind Marken und warum sind Markenklei­der so teuer?“behandelt. Kinder müssen verstehen, dass Mode Manipulati­on ist.

Hat das an Ihrer Schule funktionie­rt?

Ja, das Mobbing ging zurück. Männliche Schüler sagten mir, sie empfänden es als befreiend, nicht mehr auf Arschgewei­he blicken zu müssen. Die Uni Gießen hat eine Studie bei uns durchgefüh­rt. Das Ergebnis war: Die Schüler fühlten sich wohler und hatten bessere Leistungen. Umso trauriger, dass es an der Schule heute keine Uniformen mehr gibt. Das Interview führte

NINA GESSNER

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