Keine Vertragsverlängerung: Der Dirigent des NDR-Elbphilharmonie-Orchesters hört 2019 auf
Es war ein kleiner Donnerschlag: Dirigent Thomas Hengelbrock (58), Chef des NDRElbphilharmonie-Orchesters, wird zum Sommer 2019 sein Amt niederlegen. Den aktuell wohl aufregendsten Posten der Musikbranche – er gibt ihn freiwillig ab. Für viele ein schwer nachvollziehbarer Schritt. Vom Arbeitgeber NDR gibt es nun viele warme Worte: „Thomas Hengelbrock hat in seiner bisherigen Amtszeit mit dem NDRElbphilharmonie-Orchester herausragende künstlerische Erfolge gefeiert und das Konzertleben in Hamburg und Norddeutschland mit kreativen Ideen und mitreißenden Interpretationen maßgeblich geprägt“, so Intendant Lutz Marmor. Hengelbrock habe „dafür gesorgt, die Elbphilharmonie schon in der Eröffnungsphase für möglichst viele Menschen erlebbar zu machen.“
Aber waren alle wirklich so zufrieden, wie es aktuell den Anschein hat? Gerade nach den Eröffnungskonzerten konnte man aus einigen – auch internationalen – Kritiken herauslesen, dass das Orchester mit dem Standard des neuen Konzerttempels noch nicht recht mithalten könne. „Das wackere NDR-Elbphilharmonie-Orchester,
„Er hat das Orchester mit großem Erfolg weiterentwickelt.“Joachim Knuth, NDR
das 30 Prozent der Konzerte im Saal bestreiten soll, ist kein Luxusklangkörper. Sein Chefdirigent Thomas Hengelbrock mag ein kluger Musiker sein, aber er ist weder Pultvirtuose noch ein besonders inspirierender Interpret“, krittelte die Münchner „Abendzeitung“(AZ) nach der Eröffnung. Und: „Diese Akustik verzeiht keine Mittelmäßigkeit“, urteilte Jochen Hubmacher im Deutschlandfunk.
Klasse-Orchester, die in der ersten Elphi-Saison in Hamburg Gastspiele gaben, ließen die Hauskapelle mitunter etwas blass aussehen. Die Berliner Philharmoniker, das New York Philharmonic Stolz bei der Elphi-Eröffnung: Thomas Hengelbrock und das NDRElbphilharmonie-Orchester spielten ein Werk von Wolfgang Rihm.
Orchestra, die Wiener Symphoniker. Hat Hengelbrock sich die Kritik zu Herzen genommen – und daraus Konsequenzen gezogen?
Das wird er vermutlich so nicht sagen – und auch sonst stehen seine Wegbegleiter zu ihm. „Thomas Hengelbrock hat das NDR-Elbphilharmonie-Orchester künstlerisch mit großem Erfolg weiterentwickelt. Auch die erste Saison in der Elbphilharmonie hat gezeigt, zu welch exzellenten
Leistungen“es fähig sei, schwärmt Hörfunk-Chef Joachim Knuth. „Insofern freuen wir uns auf die kommenden zwei Jahre mit ihm als Chefdirigenten und sind dankbar, dass er auch danach mit uns weitere Konzertprojekte realisieren wird.“
Hengelbrock will sich ab 2019 „anderen künstlerischen Herausforderungen“widmen. Seine Nachfolge will der NDR bald bekannt geben.