Eva Brauns HamburgFilme
Warum Hitlers Geliebte drei Monate vor dem Weltkrieg bis heute fast unbekannte Szenen im Hafen drehte
Er galt als „deutscher Johnny Cash“, wurde mit dem Song „Hey Boss, ich brauch’ mehr Geld“berühmt und lebte auf einem Hausboot im Harburger Hafen: Gunter Gabriel war einer, der sich trotz persönlicher Krisen immer wieder aufrappelte. Doch vergangenen Donnerstag starb der „Großstadt-Cowboy“an den Folgen eines Sturzes. Der Country-Star wurde 75 Jahre alt . „Ich habe ein superinteressantes Leben gelebt“, sagte er einst. Von OLAF WUNDER
Es sind die ältesten bekannten Farbfilmaufnahmen, die es vom Hamburger Hafen gibt. Gedreht 1938 und 1939, und zwar von einem Konditormeister und – das ist die Sensation! – von Eva Braun, Adolf Hitlers Geliebter. Der Filmproduzent Konstantin von zur Mühlen, Chef von Kronos Media, hat die 16-Millimeter-Filme neu gescannt und zu einem Video in HD-Qualität zusammengeschnitten: „Der Hafen unterm Hakenkreuz“. Der Hamburger Konstantin von zur Mühlen (46) besitzt das größte private zeitgeschichtliche Filmarchiv Deutschlands. In den vergangenen Jahren hat er immer wieder tolles Filmmaterial aus der Geschichte Hamburgs ausgegraben. Mit dem Video, das er diesmal präsentiert, übertrifft er sich selbst.
„Bisher hat es Eva Brauns Filme wohl noch nie in HD-Qualität gegeben“, sagt von zur Mühlen. „Dass die Farben so unglaublich gut sind, liegt daran, dass die Geliebte des ,Führers‘ Kodak statt des in Deutschland üblichen Agfa-Films verwendet hat, das konnten sich nur wenige leisten.“
Ende Juni 1939 – drei Monate bevor ihr Lebenspartner den Zweiten Weltkrieg mit zig Millionen Toten anzettelt – kommt Eva Braun gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester Gretl und ihrer Mutter Franziska Katharina Braun nach Hamburg, um eine Kreuzfahrt durch die Fjorde Norwegens anzutreten. Die Frau, die seit 1932 Hitlers Mätresse ist (siehe nächste Seite), legt die 16-Millimeter-Filmkamera eigentlich nie aus der Hand: Jeden Moment an Bord des Hapag-Dampfers „MS Milwaukee“hält sie auf Zelluloid fest. Da manchmal einer ihrer Begleiter die Kamera führt, ist Eva Braun in einigen Einstellungen auch zu sehen.
Von Eva Braun selbst gedreht ist beispielsweise der Moment, in dem das Schiff ablegt und die Menschen an der Pier zum Abschied Haltung annehmen, den rechten Arm in die Höhe reißen und „Heil Hitler!“rufen. Dieser
Gruß ist dem kompletten Schiff und nicht etwa Eva Braun gewidmet – denn dass sie das Bett mit dem Diktator teilt, ist eins der bestgehüteten Geheimnisse des Dritten Reiches und wird erst nach Kriegsende öffentlich.
Eva Braun war eine begeisterte Amateurfilmerin. Nicht nur auf Reisen, auch auf dem Obersalzberg, dem Berghof Hitlers bei Berchtesgaden, filmte sie. Ihren Aufnahmen gab sie den Namen „Die bunte Filmschau“. Bei Kriegsende fiel das Material, das Hitler, aber auch Propagandaminister Joseph Goebbels, SS-Chef Heinrich Himmler und Reichsmarschall Hermann Göring im privaten Umfeld zeigt, in die Hände der US-Truppen. Aus dem US-Nationalarchiv in Washington hat Konstantin von zur Mühlen das Material erhalten.
Der zweite ambitionierte Amateurfilmer, dessen Aufnahmen von zur Mühlen verwendet, ist der Hamburger Konditormeister Kurt Lehfeldt, der immer, wenn er nicht in seiner Backstube stand, mit seiner Kamera unterwegs war. Er filmte Schuten und Schauerleute, Winschmänner und Quartiersleute, Kran- und Ewerführer – den Hafen, wie er früher einmal war.
1938, als Lehfeldt seine Aufnahmen machte, war der Hamburger Hafen der wichtigste Europas und der drittgrößte der Welt. Es gab 450 Schlepper und 4500 Schuten. Die Schiffswerften bildeten den wichtigsten Industriezweig der Stadt. Wöchentlich legten 170 Seeschiffe an und ab und 20 000 Hafenarbeiter standen bereit, um sie zu entladen. Ein Knochenjob.
Von zur Mühlens Film zeigt Hamburg am Vorabend des Krieges. „Noch ist Frieden. Noch ist die Stadt intakt. Keine Trümmerwüsten. Keine Ruinen“, sagt von zur Mühlen. „Es ist beklemmend, Kreuzfahrtschiffe im Hafen zu sehen und darauf die Menschen, wie sie sich amüsieren. Nur die wenigsten von ihnen ahnten zu diesem Zeitpunkt, was bald auf sie zukommen wird.“
Im Film zu sehen sind mehrere Luxusliner der Nazi-KreuzfahrtOrganisation „Kraft durch Freude“(KdF). Sie sind der ganze Stolz des Nazi-Regimes. Wenige Jahre später ist ihnen allen ein furchtbares Schicksal beschieden: Die „Wilhelm Gustloff“sinkt am 30. Januar 1945 mit 9000 Menschen an Bord – es ist die größte Schiffskatastrophe aller Zeiten. Die „Cap Arcona“geht im April 1945 in der Neustädter Bucht unter – 4600 Häftlinge des KZ Neuengamme verlieren dabei ihr Leben. Und die „Robert Ley“, das KdF-Flaggschiff, sinkt nach heftigem Bombardement im Hamburger Hafen. Das Wrack wird 1946 gehoben.