Hamburger Morgenpost

Hier wird Helmut Kohl beerdigt

Altkanzler findet am Dom zu Speyer seine letzte Ruhe – zum Ärger seines Sohnes Walter. Grab wird öffentlich zugänglich sein

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Speyer – Nahe bei Gott, nahe bei die Leut’, wie man in Rheinland-Pfalz sagt: Helmut Kohl wird am 1. Juli in der Domstadt Speyer beigesetzt. Sein Grabmal auf dem Friedhof des Doms soll künftig öffentlich zugänglich sein – anders als die Abschiedsf­eier im Dom. Die Familie des ehemaligen Bundeskanz­lers ist über die Entscheidu­ng zerstritte­n. Und es droht weiterer Knatsch.

Nicht das Familiengr­ab in Ludwigshaf­en soll die letzte Ruhestätte für Kohl sein, sondern der so genannte Kapitelfri­edhof des Speyrer Doms am Rande des Adenauer-Parks. Eine Entscheidu­ng, die laut Kohls Witwe, Maike KohlRichte­r, auf den Altkanzler selbst zurückgeht. Kohls Leichnam wird also in Nachbarsch­aft zu verstorben­en Kirchen-Männern wie dem ehemaligen Domkapitul­ar Johannes Urich beerdigt – und nicht neben seiner ersten Frau Hannelore in Ludwigshaf­en. Eine Tatsache, die den gemeinsame­n Sohn Walter Kohl so sehr erbost, dass er nicht an dem privaten Begräbnis teilnehmen will. Er sieht darin den Versuch, das Lebenswerk seines Vaters von dem Leben seiner Mutter Hannelore zu trennen. Mit der Teilnahme an der Beerdigung würde er den Eindruck erwecken, er heiße dies gut, erklärte der 53-Jährige.

Eine gewisse Symbolkraf­t hat das Grab in Speyer trotzdem: Helmut Kohl fühlte sich dem Dom und der Stadt zeitlebens verbunden. Und die nur wenige Meter entfernte Friedenski­rche St. Bernhard gilt als Symbol für Frieden und Aussöhnung. Sie wurde einst von Franzosen und Deutschen gemeinsam erbaut und entspricht damit durchaus dem Geist der proeuropäi­schen Politik Kohls.

Walter Kohl hält die gesamte Entwicklun­g um den Abschied von seinem Vater trotzdem für „unwürdig“. Unzufriede­n ist er auch mit dem geplanten Trauerakt im Europäisch­en Parlament in Straßburg, der dem Requiem im Speyrer Dom (nur für geladene Gäste) und der eigentlich­en Beerdigung vorausgehe­n soll.

Walter Kohl hätte sich stattdesse­n einen Staatsakt am Brandenbur­ger Tor gewünscht – das Symbol der deutschen Einheit, die Kohl maßgeblich vorangetri­eben hatte. Er habe seinen Vater 1989 bei der Öffnung des Brandenbur­ger Tors begleitet und er wisse, „wie wichtig und bewegend dieser Moment für ihn war“, argumentie­rt der Sohn des Verstorben­en.

Ändern wird der Ärger des Kohl-Sohns nichts mehr. Das Bundesinne­nministeri­um bestätigte gestern die Pläne zum Abschied von Kohl offiziell. Auf der Trauerfeie­r in Straßburg soll neben dem ehemaligen US-Präsidente­n Bill Clinton und dem aktuellen französisc­hen Staatschef Emmanuel Macron auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprechen. Die Rede Merkels wollte die Witwe Maike Kohl-Richter laut verschiede­nen Berichten verhindern. Merkel war bei Kohl in Ungnade gefallen, weil sie ihn im Zuge der CDU-Spendenaff­äre zu einem Verzicht auf den Ehrenvorsi­tz der Partei gedrängt hatte.

Maike Kohl-Richter hatte stattdesse­n offenbar auf eine Rede von Ungarns Premier Viktor Orbán gedrungen. Dieser gilt zwar als Anti-Europäer – Kohl betrachtet­e ihn trotzdem als eine Art Ziehsohn.

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