Superlässiger Bier-Tempel
Altona Im„ berquell“gibt’stollePizzenundCrafbeer–aberderSer icefoppt
Der „Golden Pudel“-Club, dem noch immer das Dach fehlt, hat einen neuen Nachbarn – und der kommt ziemlich lässig daher: Das „Überquell“ist Musik-Bar, Brauerei, Biergarten und Gourmet-Pizza-Restaurant mit künstlerischem Anspruch. Wir haben uns durch die Karte getrunken und gegessen – und können sagen: Zwei seelenlos gewordene Massenprodukte werden hier mit Liebe handgemacht – und das schmeckt!
Urlaubsf air kommt auf, wenn man das Gelände der historischen Riverkasematten betritt. Bunt angemalte Bierkessel strahlen in der Sonne. Das stylische Restaurant hat Hamburgs wahrscheinlich längste Tafel aus alten Gerüstbohlen und ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Also bleiben wir, trotz drohend-dunklem Himmel, auf der riesigen Terrasse, die auch gut an einem Surf-Spot in Kalifornien liegen könnte.
In lässiger Atmosphäre sitzt man unter alten Segeln an groben Tischen in der Abendsonne, etwas Kunst und Hippie-Zierrat zaubern ein heimeliges Klima, und vom Pizza-Ofen zieht verführerischer Duft rüber.
Was für ein Gewinn, wenn man bedenkt, dass hier vorher ein EdelLaden mit rundgeschnittenen Kübel-Bäumchen war, der in einem Rechtsstreit implodierte.
Aus den Trümmern schufen Axel Ohm (54) und Patrick Rüther (44), die mit dem „Alten Mädchen“ihr Gespür für Bier bereits bewiesen haben, mit zwei Millionen Euro (die Hälfte ging für die öko- und geruchsoptimierte Brauanlage drauf!) einen neuen Szenetreff. Es gibt Selbstgebrautes (0,3l ab 3,30 Euro) und Eingekauftes vom Fass, alles sehr, sehr lecker. Dazu eine spannende Auswahl Flaschenbiere, die auch Experten ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Am besten beraten lassen und viel probieren!
Doch wer ein Bier will, muss zum zentralen Terrassencontainer dackeln, Service gibt’s nicht. Das wäre okay, wenn man nicht öfters länger warten müsste. Die Pizza kommt aus handgemauerten Öfen aus Neapel – wenn sie denn kommt. Wir warten über eine Stunde, obwohl der Chef persönlich die Fladen aus Premiumteig mitbelegt, ein kleines Wort der Entschuldigung wäre da angebracht – der schnelle Erfolg überfordert die Crew offenbar noch. „Wir sind überrannt worden“, gesteht Axel Ohm ein. „Die Küche kam zu Beginn nicht hinterher.“Man arbeite hart dran, dass es bald f otter gehe.
Die Pizzen selber (kreative Rezepte, 7,90 bis 12,90 Euro) sind ein Traum. Die Salate heißen neumodisch „Bowls“, wir nehmen noch die „Supadupa“-Schüssel (8,90 Euro) sind pappsatt – und verschieben das Probieren der Dessertpizzen (Waldbeere, Joghurt, Pistazien mit Orangen etc.) aufs nächste Mal. Lieber trinken wir noch ein paar würzige Ales und kauern uns mit netten Tischnachbarn unter eines der Segel, während die Welt in einem Sommergewitter untergeht.
„Wir sind überrannt worden, die Küche kam nicht hinterher.“ Co-Chef Axel Ohm (54)