„Ich bewahre dich in meinem Herzen“
Schwalbach – Die Sätze sind in Stein gemeißelt. Wortwörtlich. „Lieber Pascal, wir beide waren noch so klein, als wir das Allerschlimmste, den Missbrauch an uns Kindern, erleben mussten. Jetzt lebe ich mit diesen schmerzhaften Erinnerungen, die mich nicht loslassen wollen – und du bist nicht mehr da. Ich bewahre dich in meinem Herzen, Dein Freund B.M.“Der Freund, das ist Bernhard Müller. Er hat die Sätze 2010 eigenhändig in ein Denkmal gehämmert, das gestern im saarländischen Schwalbach enthüllt wurde.
Fast 16 Jahre ist es her, dass der damals fünfjährige Pascal im Saarland spurlos verschwand. Seine Leiche wurde nie gefunden. Und jetzt steht Bernhard Müller, inzwischen 22 Jahre alt, neben der Stele am Eingang des Friedhofs in Schwalbach und ringt nach Worten. „Ich möchte allen Mut machen, die missbraucht worden sind: Schweigt nicht länger!“Und er fügt hinzu: „So etwas muss geahndet und darf nicht totgeschwiegen werden.“
Deshalb soll die Stele auch „ein Mahnmal für alle verschwundenen und missbrauchten Kinder sein“, sagt Hans-Georg Müller, Pastor der Pfarrei Heilig Kreuz in Schwalbach.
Es war ein peinliches Gerangel, bis der Stein endlich seinen Platz gefunden hatte. Seit Jahren versuchte die „Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen“mit Sitz im Westerwald, einen Platz im Saarland zu finden. Vergebens.
Die Stadt Saarbrücken lehnte ab, weil der sexuelle Missbrauch nicht erwiesen sei. Auch andere Orte im Saarland wollten das Mahnmal nicht. So tourte der rund 700 Kilogramm schwere Stein des Siegburger Bildhauers Bruno Heinrich auch durch Städte in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Bis Pastor Müller gefragt wurde. Er sagte spontan zu. „Es ist traurig, dass die Errichtung des Steines stets abgelehnt wurde.“
Der Fall Pascal sorgte einst bundesweit für Aufsehen. Bei der Suche nach dem Jungen geriet bald die Tosa-Klause in Saarbrücken-Burbach ins Blickfeld der Ermittler. Hier sollen sich Stammgäste immer wieder an Kindern vergangen haben. Elf Angeklagte standen schließlich vor Gericht. Einer wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt. Ihm konnte nachgewiesen werden, dass er Pascal und Bernhard vergewaltigt hatte. Die anderen aber wurden nach 147 Verhandlungstagen freigesprochen – aus Mangel an Beweisen. Der heutige Bundesjustizminister Heiko Maas nannte die Entscheidung damals „zum Kotzen“.