Hamburger Morgenpost

Di ser Billy wird Hamburg verzaubern

Wir sind Musical-Hauptstadt – das sehen vor allem viele Touristen so. Die Show „Billy Elliot“könnte aber auch echte Hanseaten begeistern

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WVon WIEBKE TOMESCHEIT

as für Hamburg einst Hafenarbei­Matrosen ter und waren, das waren im Norden Englands die Miüber nenarbeite­r, die GeneTage rationen unter Kohle abbauten. Sie prägten die Region – die beinharte Arhielt beit in den Minen die vielen kleinen Bergbausie­dernährte lungen am Leben, die Familien. Und dann entschied die briPremier­ministerin tische Marder garet Thatcher, dass Kohlerenta­bel abbau nicht mehr genug sei und ein Großteil der Zechen geschlosse­n werden solle. In den 80er Jahren für die betroffene­n Menschen unvorstell­bar.

In dieser Zeit des Aufruhrs und des Umbruchs spielt die Geschichte von „Billy Eliot“, die ab Freitag in einer wunderbare­n Musical-Version in Hamburg zu sehen sein wird. Im Mehr!-Theater am Großmarkt feiert die außergewöh­nliche Show ihre Deutschlan­dPremiere.

Kulturell standen sich Briten und Norddeutsc­he ja immer schon nah: Die Hamburger sind für den britischen Humor

eher zu haben als für Kölner Karnevalsk­ultur oder Oktoberfes­t-Schenkelkl­opfer. Darum dürfte „Billy“(gespielt von drei sich abwechseln­den Teenagern, die tänzerisch­e Höchstleis­tungen abliefern!) bei den Hanseaten bestens ankommen. Die Show ist nicht seicht und kitschig, sondern witzig, gefühlvoll und mit einem ernsten Hintergrun­d.

Billy Elliot, ein etwa zwölfjähri­ger Junge aus einem Bergarbeit­er-Städtchen, entdeckt sein Talent fürs Ballett. Überrasche­nderweise macht ihm das Tanzen mehr Spaß als das Training im Boxverein, wohin ihn sein kerniger Vater – natürlich ein Minenarbei­ter – schickt. Der ist überhaupt nicht begeistert von Billys neuer Leidenscha­ft – nicht nur, weil Ballett doch was für Mädchen ist – sondern auch, weil es den traditione­llen Werten der bodenständ­igen Kohlekumpe­l widerspric­ht. Ballett – das ist was für die feinen Pinkel in den Großstädte­n. Für seinen Vater und seinen Bruder sympathisi­ert der Kleine mit der Gegenseite – das können sie nicht hinnehmen. Sie wollen ihn mit allen Mitteln vom Tanzen abbringen. Nur mit seiner tüdeligen Oma kann Billy über sein Hobby sprechen. Sie selbst hatte in ihrer Jugend gern getanzt.

Der Junge muss für sich, seine Leidenscha­ft und seine Zukunft kämpfen – seine Familie sich von ihrer Vergangenh­eit und Tradition verabschie­den. Eine besonders mitreißend­e Szene zeigt Billy beim Tanzen, während Polizisten auf seine am großen Streik beteiligte Familie und deren Freunde losgehen.

Die Schauspiel­er, die „Billy Elliot“in Hamburg auf die Bühne bringen, sind waschechte Engländer, die dafür sorgen, dass vom Witz und Tiefgang des Stücks nichts in halbherzig­en Übersetzun­gen verloren geht. Sie singen auf Englisch – aber alles wird per Laufband komfortabe­l fürs deutsche Publikum übersetzt. Ein very british Musicalerl­ebnis!

Mehr!-Theater: 29.6.23.7., Banksstraß­e 28, 32-94 Euro

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Ist doch egal, ob Ballett „nur was für Mädchen“ist – Billy macht’s Riesenspaß! Die britische Polizei greift extrem hart gegen die streikende­n Minenarbei­ter durch – und Billy (Emile Gooding) findet sich zwischen allen Fronten wieder.
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Sein Bruder und sein Vater sind gar nicht begeistert von Billys Ballett-Begeisteru­ng.

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