Kratzig gebürstete Chansons
Ute Lemper begeisterte in der Laeiszhalle – trotz gealterter Stimme
Ute Lemper mit ihrem Bandoneonisten Victor Villena in der Laeiszhalle Von null auf hundert – dafür braucht Ute Lemper nur wenige Augenblicke. Mit einem atemlosen Blues begrüßt sie die rund 1000 Besucher in der Laeiszhalle, rutscht nahtlos in Friedrich Hollaenders „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“und nutzt die Gelegenheit, um mit ihren vier Musikern auf Tuchfühlung zu gehen. Das Programm „Der letzte Tango in Berlin“ist ein Best-of ihrer 30-jährigen Bühnenkarriere – die in der Stimme der 53-Jährigen Spuren hinterlassen hat.
Die vielseitige Chansonnière hat sich zur kratzigen Bluesröhre entwickelt. Beim aufreizenden Marlene-Dietrich-Hit „Ich bin die fesche Lola“, dem augenzwinkernden Trinklied von Tom Waits oder Piazzollas ungestümer „Maria de Buenos Aires“darf man das sogar als Gewinn verbuchen.
Wenn die Münsteranerin aber in Brels „Ne me quitte pas“oder Piafs „Non, je ne regrette rien“Emotionen mit Kraft zu erzwingen versucht, kann auch die akustisch feine Ummantelung von Pianist Vana Gierig, Geiger Cyrily Garac, Bandoneonist Victor Villena und Kontrabassist Romain Lecuyer nicht davon ablenken, dass zwischen Flüstern und jähem Ausbruch in spröde Stimmbandstrapazen die wirklich ergreifenden Zwischentöne fehlen.
So verlässt man die Laeiszhalle nach stehenden Ovationen mit gemischten und eigentlich zu wenigen Gefühlen, gemessen am überbordenden Herzschmerz der Liedauswahl.