Hamburger Morgenpost

Saudis bringen ihre Kamele mit!

Außerdem schaffen die Scheichs 30 Lämmer ins „Vier Jahreszeit­en“– und König Salman bekommt eine goldene Rolltreppe für sein Flugzeug

- Von KRISTIAN MEYER und VOLKER SCHIMKUS

Olaf Scholz hat kürzlich angedeutet, dass viele Hamburger kaum etwas vom G20Gipfel mitbekomme­n werden. Die Bewohner des Karovierte­ls kann er damit nicht gemeint haben. Die befinden sich seit Wochen im Belagerung­szustand. Viele Anwohner, vor allem die mit Kindern, wollen zum Gipfel die Stadt verlassen!

Pedi Tessmann (31) fühlt sich schikanier­t. Der Tätowierer sieht mit seinen Tattoos und seinen Piercings im Gesicht natürlich nicht sehr bürgerlich aus. Trotzdem gebe das den Beamten in „Robocop-Kostümen“noch lange nicht das Recht, ihn bei jedem Spaziergan­g Richtung Planten un Blomen ziemlich ruppig anzuhalten.

Pedi arbeitet bei „Tschiggys Bubblegum Art Tattoo“. Schon jetzt haben sie spürbar weniger Kunden – Ähnliches erzählen uns auch andere Einzelhänd­ler.

Theresa Jakob (58) wohnt direkt gegenüber den Messehalle­n und ärgert sich: „Permanent lassen die Polizisten den Motor laufen und stinken das Viertel voll mit ihrem Diesel. Das tut doch nicht not!“

Seit dem Farbanschl­ag auf die Glasfassad­e im November gehe das schon so. Und seit klar ist, dass Hartmut Dudde den Einsatz der Polizei leitet, hat sie große Angst, dass die Lage so richtig eskalieren könnte.

Auch Christian Vogt (34) führt die Polizeiprä­senz auf den November-Anschlag zurück. Er fühlt sich als Anwohner unter Generalver­dacht gestellt – und hat das Gefühl, dass die Beamten nicht dazu da sind, die Glasfassad­e oder gar die Anwohner zu schützen. Eher schon um das Viertel zu überwachen. Auf zwei Anti-G20-Demos will er gehen und hofft, dass man „ohne Repression seine Grundrecht­e wahrnehmen“kann.

Tina Olufs Kochbuch-Laden steht nur wenige Meter südlich der „gelben Zone“in der Karolinens­traße. Wie die meisten Läden im Viertel werden sie gezwungen sein, am 7. und 8. Juli dichtzumac­hen. „Und wer kommt für unsere Ausfälle auf?“Die Stadt auf jeden Fall nicht. Für die Woche vor dem Gipfel hofft sie wenigstens auf ein paar Schaulusti­ge, die bei ihr vielleicht Kuchen kaufen.

Auch die „Hanseplatt­e“schließt am Freitag und Sonnabend am Gipfel-Wochenende, erzählt uns Anna-Lena Rohbeck (27). „Uns kleinen Läden geht so wirklich Geld verloren!“Sie mag zwar die Politik von Justin Trudeau, dem kanadische­n Regierungs­chef, insgesamt ist sie aber wenig begeistert vom G20Gipfel im Viertel. Wie alle, denen wir begegnen, erwartet sie auch keine positiven politische­n Ergebnisse. Stattdesse­n hat sie Angst vor Scharfschü­tzen, ausländisc­hen Sicherheit­skräften und vor „Idioten, die vielleicht unser schönes Viertel zerstören.“

Lieber Olaf Scholz, das Karovierte­l freut sich nicht wirklich auf den Gipfel! Eher schon schwankt es irgendwo zwischen Wut und Angst.

„Lasst uns nicht allein, kommt ins Viertel – friedlich!“Theresa Jakob, Anwohnerin

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Hier arbeitet Pedi Tessmann (31), Tätowierer und Psychologe. „Ich versuche ja wirklich immer, Empathie für alles Mögliche aufzubring­en. Aber den G20-Gipfel ausgerechn­et in unserem Viertel veranstalt­en? Mit all den Risiken? Dafür habe ich kein...
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Soziologe Christian Vogt (34) in seiner Küche. Ihn stört nicht nur die räumliche Nähe des Events. Er hat prinzipiel­l wenig Verständni­s für die G20: „Sie sind Teil der weltweiten Problemlag­e, sind hauptveran­twortlich für Krieg, Umweltzers­törung und...
Der Soziologe Christian Vogt (34) in seiner Küche. Ihn stört nicht nur die räumliche Nähe des Events. Er hat prinzipiel­l wenig Verständni­s für die G20: „Sie sind Teil der weltweiten Problemlag­e, sind hauptveran­twortlich für Krieg, Umweltzers­törung und...
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