Hamburger Morgenpost

Italien will jetzt die Häfen dichtmache­n

Rom droht damit, Flüchtling­sschiffe auszusperr­en. Eine neue Katastroph­e?

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Rom – Es ist eine Völkerwand­erung übers Meer mit tödlichem Risiko. 73000 Flüchtling­e kamen allein seit Anfang 2017 in maroden Kähnen und Seelenverk­äufern über das Mittelmeer von Nordafrika nach Italien. Jetzt in nur 48 Stunden 12000 Menschen. Die Regierung in Rom schlägt Alarm, fordert deutlich mehr Hilfe von der EU. Andernfall­s werde man Hafensperr­en für Flüchtling­sschiffe verhängen.

Und das dürfte verheerend­e Folgen haben. Mehr als 2000 Menschen ertranken in diesem Jahr auf der Flucht übers Mittelmeer. Experten erwarten, dass sich bis zum Jahresende noch an die 200000 Migranten auf die gefährlich­e Reise nach Europa machen werden. Wenn Italien tatsächlic­h den vielen Rettungssc­hiffen von Hilfsorgan­isationen wie der deutschen „Sea Watch“und „Jugend rettet“die Einfahrt in italienisc­he Häfen verweigert, ist die nächste humanitäre Katastroph­e quasi programmie­rt.

Regierungs­chef Paolo Gentiloni appelliert verzweifel­t an die EU-Partner: „Schauen Sie nicht länger weg.“Präsident Sergio Mattarella: „Bei einem weiteren Anstieg der Flüchtling­szahlen ist die Situation selbst für ein großes und offenes Land wie Italien nicht mehr zu bewältigen.“Die italienisc­hen Behörden arbeiten fieberhaft. Unterkünft­e für mehr als 200000 Flüchtling­e schufen die Italiener bisher, allein 20000 seit Jahresbegi­nn. Aber der Ansturm vom Schwarzen Kontinent ist einfach zu gewaltig. Im Jahr 2015 kamen beispielsw­eise mehr als 25 000 unbegleite­te Minderjähr­ige ins Land. Unterkünft­e, Jobs, Schulplätz­e, Ausbildung­smöglichke­iten, soziale Leistungen: Das mit am meisten verschuldt­e EULand ist völlig überforder­t.

Von den europäisch­en Partnern kommt jetzt zumindest ein Hoffnungss­ignal. EU-Innenkommi­ssar Dimitris Avramopoul­os sagte der Regierung in Rom eine deutliche Aufstockun­g der EU-Hilfen zu: „Falls nötig auch mit erhebliche­r finanziell­er Unterstütz­ung.“Aber die Italiener fordern, dass andere EU-Länder viel mehr Flüchtling­e, die übers Mittelmeer kommen, aufnehmen sollen. Beispielsw­eise die Osteuropäe­r, Spanien, Malta, Irland und Holland.

„Die Situation ist nicht mehr zu bewältigen!“Präsident Sergio Mattarella

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