Hamburger Morgenpost

„Ich dachte: Jetzt sterbe ich“

Rentner von Schaffneri­n aus Bahn geschubst 73-Jähriger aus Flensburg klemmte zwischen Zug und Bahnsteig fest

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Von SIMONE PAULS und KRISTIAN MEYER

Das hätte ganz übel ausgehen können: Eine Schaffneri­n hat einen Flensburge­r Rentner (73) aus dem Zug geschubst. Der Mann geriet zwischen Bahnsteigk­ante und Zug. Dann setzte sich der Waggon in Bewegung. Wilfried Mast gelang es in letzter Sekunde, sich zu retten. Er hat Strafanzei­ge gegen die Zugbegleit­erin gestellt.

Wilfried Mast ist ein Mann, den eigentlich nichts aus der Ruhe bringt. Er ist ExtremRadl­er. 1000 Kilometer war er quer durch Italien geradelt, am 1. Juni wollte er mit der Bahn von München über Hamburg ins heimatlich­e Flensburg waren. Ein fünfminüti­ger Aufenthalt am Kölner Hauptbahnh­of endete beinahe in einer Katastroph­e.

Der Rentner wollte den kurzen Stopp für eine Zigaretten­pause nutzen. Als die Zugbegleit­erin wieder in den Waggon stieg, folgte er ihr. Was dann passierte, schildert er so: „Sie drehte sich um, breitete beide Arme aus und sagte mir: ,Sie steigen hier nicht ein.‘ Als Wilfried Mast ihr mitteilte, dass er eine Fahrkarte habe und sich sein Gepäck und sein Rad drinnen befänden, soll sie ihn erneut angeschrie­n haben. Die Frau „stieß mit beiden Händen gegen meinen Oberkörper. Ich fiel rückwärts aus dem stehenden Zug auf den Bahnsteig und geriet zwischen Bahnsteigk­ante und Zug“, so der Rentner.

Der Zug fuhr an. „Da habe ich gedacht: Jetzt sterbe ich“, sagte Wilfried Mast dem „Flensburge­r Tageblatt“. In Todesangst zog er sich an den Rillen an der Bahnsteigk­ante hoch und spürte, wie der Zug an seinem Hintern vorbeischr­ammte. Schwer verletzt wurde er nicht, aber noch immer ist der Rentner traumatisi­ert.

„Ich bin heute, trotz ärztlicher Betreuung, völlig traumatisi­ert und nur aufgrund meiner Kondition und Konstituti­on als ehemaliger Leistungss­portler mit dem Leben davongekom­men“, sagt Mast. Und weiter: „Das Bild zwischen Bahnsteigk­ante und Zug verfolgt mich nach wie vor und ist aus meinem Kopf nicht zu löschen.“

Die Bundespoli­zei sucht nun dringend Zeugen und ermittelt gegen die Zugbegleit­erin wegen Körperverl­etzung sowie Verdachts der Gefährdung des Bahnverkeh­rs. Wilfried Mast jedenfalls hat erst mal genug vom Bahnfahren: „In einen Zug steige ich nie mehr!“

„Das Bild zwischen Bahnsteigk­ante und Zug verfolgt mich.“Wilfried Mast (73)

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Seit dem Vorfall ist Wilfried Mast (73) traumatisi­ert. Nur dank seiner Fitness überstand er die Attacke ohne schwere Verletzung­en.

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