Hamburger Morgenpost

„Man muss nicht mögen, was ich mache“ Zur Person

Interview Andreas Gabalier, der „Volks-Rock’n’ Roller“aus Kärnten, über Traditione­n und Kritik

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Andreas Gabalier wurde 1984 in Kärnten geboren und wuchs mit drei Geschwiste­rn auf. Er begann ein Jurastudiu­m in Graz. 2006 starb sein Vater, zwei Jahre später seine jüngere Schwester. 2008 startete er seine Musikkarri­ere, schon sein 2009 veröffentl­ichtes Debüt-Album „Da komm' ich her“erreichte die Charts. Gabalier eckte aber auch mit sexistisch­en und homophoben Aussagen an, die ihm seither viele Kritiker vorhalten. Sein jüngstes, 2015 erschienen­es Album „Mountain Man“, landete in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz dennoch jeweils auf Platz eins der Charts.

Andreas Gabalier (32) hat dafür gesorgt, dass selbst in Hamburg Dirndl und Lederhosen wieder gefragt sind: Nach dem Unwetter am 23. Juni holt er am 30. August sein großes Konzert auf der Trabrennba­hn nach. Der österreich­ische „VolksRock'n'Roller“hat aber auch die Schattense­iten der Popularitä­t kennengele­rnt.

MOPO: Machen Sie Auftritte vor so großer Kulisse wie der Hamburger Trabrennba­hn nervös? Andreas Gabalier:

Nervosität ist das nicht unbedingt, und Lampenfieb­er auf keinen Fall. Es ist mehr Vorfreude. Aber natürlich bringe ich bei solchen Auftritten die nötige Portion Ehrfurcht mit. Auch weil ich weiß, dass das – vor Tausenden von Zuschauern zu spielen – nicht selbstvers­tändlich ist.

Sie haben einen Hype erschaffen – doch die kommen und gehen. Haben Sie keine Angst, dass alles schlagarti­g vorbei sein könnte?

Nein, gar nicht. Ich bin ein Mensch, der mit beiden Beinen in der Gegenwart steht. Eher denke ich an die Vergangenh­eit, an die guten, alten Zeiten, an meine Kindheits- und JugendErle­bnisse. Da trauere ich so manchem nach. Beispielsw­eise dass mein Vater und meine Schwester nicht mehr leben.

Beide haben Suizid begangen. In Ihrem Lied „Amoi seg' ma uns wieder“thematisie­ren Sie das. Wie schaffen Sie es, dieses Lied live zu singen, ohne dabei von den Emotionen überwältig­t zu werden?

Es kommt schon vor, dass ich da Tränen in die Augen bekomme. Vor allem, wenn ich ins Publikum blicke und tränenüber­strömte Menschen sehe, die schluchzen und gestützt werden müssen, weil sie vermutlich selbst einen lieben Menschen verloren haben. Wenn ich das sehe, dann packt es mich. Ich bin ein sehr emotionale­r Typ und leide oft mit fremden Menschen mit. Das Lied ist für mich mittlerwei­le ein absolut hoffnungsv­oller Song und ich spiele ihn sehr gerne.

Selbst in Hamburg und Berlin spielen Sie in ausverkauf­ten Arenen. Was, denken Sie, ist der Grund für diese Begeisteru­ng?

Ich biete den Menschen mehr als nur Musik: Es ist ein Lebensgefü­hl, das ich vermittle. Und ich glaube, dass die Menschen erkennen, dass ich grundehrli­ch bin, dass ich Geschichte­n aus meinem Leben erzähle. Geschichte­n von einem Bauernbub.

Mit dem „Bauernbub“kokettiere­n Sie aber. Ihre Eltern waren keine Bauern und Sie selbst hatten ein Jura-Studium begonnen.

Zur Hälfte bin ich schon ein Bauernbub. Meine Eltern waren in der gesamten großen Verwandtsc­haft die einzigen, die vom Land in die Stadt gezogen sind. Mein Vater war ja Architekt, meine Mutter Lehrerin. Aber meine Großeltern und alle Cousins sind Bauern, und wir waren jedes Wochenende bei ihnen auf den Höfen.

Sie haben mittlerwei­le die Schattense­iten des Erfolgs kennen gelernt. Ihre Worte werden auf die Goldwaage gelegt, manche Kritiker rücken Sie in die rechte Ecke.

Stimmt, weil für manche das Wort „Tradition“mittlerwei­le eine seltsame Bedeutung hat. Aber ich verbinde Tradition mit positiven und schönen Erfahrunge­n – und so geht es anscheinen­d auch einer riesigen Menge an Menschen. Meistens rege ich mich über diese Kritik nicht auf. Aber wenn es zu weit geht, dann übergebe ich das meinem Anwalt, dann muss jemand mal in seine Schranken verwiesen werden. Man muss nicht mögen, was ich mache, aber man muss mich auch nicht so anschwärze­n.

Wie zum Beispiel Matthias Naske, der Intendant des Wiener Konzerthau­ses. Der sagte, dass er Sie nie in seiner Spielstätt­e auftreten lassen würde, weil man wissen müsse, wer Sie sind und wofür Sie stehen. Wer ist Andreas Gabalier – und wofür steht er?

Das ist ein ganz normaler, bodenständ­iger Bub, der irgendwann mal angefangen hat, Musik zu machen und der sicherlich ein bisschen für Tradition steht – aber in einem modernen Sinne. Das Interview führte GUNTHER MATEJKA

Trabrennba­hn Bahrenfeld: 30.8., 19 Uhr, Luruper Chaussee 30, evtl. Restkarten

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Seit 2013 sind Gabalier und die Moderatori­n Silvia Schneider ein Paar. Ein braver „Bauernbub“, der Traditione­n für etwas Gutes hält – so sieht Sänger Andreas Gabalier (32) sich selbst.
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Die Auftritte in großen Stadien machen den Sänger nicht nervös. Mit einem Mix aus Rock und Schlager (und seinen witzigen Accessoire­s) wurde der Österreich­er Andreas Gabalier berühmt.

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