Darum blieb die Schanze ungeschützt
Spezialeinheiten warteten am „Hotel Atlantic“, anstatt frühzeitig gegen die Randalierer vorzugehen
Auf dem Schulterblatt tobte der Mob, plünderte Läden, gefährdete mit riesigen Feuern Leib und Leben der Menschen in der Schanze. Selbst Polizisten hatten Todesangst, erst eine geballte Macht von Spezialeinheiten (SEK) aus ganz Deutschland wagte sich ins Viertel und beendete den Spuk. Aber es dauerte fast drei Stunden, bis die SEKs einschritten. Warum?
Es war kurz vor 21 Uhr, als Bayerische Polizisten am Schulterblatt „remonstrierten“. Das bedeutet, sie weigerten sich, dem Befehl zu folgen und ins Schulterblatt einzurücken. Der Grund: Auf einem Gerüst an der Ecke Neuer Pferdemarkt und auf diversen Häusern bis zur Altonaer Straße lauerten Gewalttäter und wollten die Einsatzkräfte von oben mit Steinen oder sogar Molotowcocktails bewerfen.
Von jetzt an dauerte es aber bis 23.20 Uhr, bis die Schanze gestürmt wurde. Einsatzleiter Hartmut Dudde erklärte am Sonntag, die nötigen Spezialeinheiten waren „eingegraben“, um die Sicherheit der Staatsgäste zu gewährleisten.
Nach MOPO-Informationen wartete aber ein beträchtlicher Teil der EliteCops den Abend über in einer Tiefgarage am „Hotel Atlantic“. Sie verließen das Gebäude erst nach 23 Uhr. Warum wurden sie nicht früher eingesetzt, um die Schanze zu befrieden? Wollte der Senat die verstörenden Bilder kriegsähnlich ausgerüsteter Einheiten mitten in der Stadt vermeiden?
Olaf Scholz saß zu diesem Zeitpunkt in der Elbphilharmonie. Wollte man vor einer Entscheidung auf ihn warten? Sein Innensenator Andy Grote befand sich im Polizeipräsidium. Er streitet eine Einflussname der Politik auf den Einsatz gegenüber der MOPO entschieden ab.
Polizeisprecher Timo Zill erklärte die Verzögerung gestern damit, dass es einen derartigen Einsatz noch nie gegeben hätte. Die Koordinierung von vorrückenden Wasserwerfern, Hubschraubereinsatz und den unterschiedlichen Spezialkommandos aus verschiedenen Bundesländern hätte genau vorbereitet werden müssen. Dafür hätte es in der bundesdeutschen Polizeigeschichte kein Vorbild gegeben.
Scholz im „Stern“über die Szenen in der Schanze: „Ich schäme mich dafür.“
„Ja, ich schäme mich für das, was passiert ist.“Olaf Scholz (SPD)