Hamburger Morgenpost

Unabhängig­e Kommission gefordert

Forscher: „Keiner ist bereit, offen mit Fehlern umzugehen“. Rot-Grün setzt aber lieber Sonderauss­chuss ein

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Wer hat eskaliert? Was soll geräumt werden und wer muss zurücktret­en? Im Streit um diese Fragen stehen sich zwei Lager hasserfüll­t und unversöhnl­ich gegenüber. Die einen sehen nur die von Rotflorist­en angestifte­ten Krawalle, die anderen vor allem willkürlic­he Polizeigew­alt beim Gipfel.

Insbesonde­re vom Senat und von den militanten Autonomen kommt kaum ein Wort der Einsicht, dass Grundsätzl­iches schiefgela­ufen ist. Kein Wunder: Für beide Seiten steht viel auf dem Spiel. Die Rote Flora fürchtet eine Räumung, bei Olaf Scholz geht es um das Bürgermeis­teramt. Da ist offenbar kein Raum für nüchterne Fehler-Analysen.

In dieser verfahrene­n Situation fordern jetzt Protestfor­scher der TU Berlin eine unabhängig­e Kommission zur Aufarbeitu­ng und Analyse des Geschehens.

„Ich habe den Eindruck, dass gerade keiner bereit ist, offen mit Fehlern umzugehen. Der Schock vom Wochenende hat nicht dazu geführt, dass die Beteiligte­n die Schützengr­äben verlassen. Aber das wäre der einzige Weg, um aus der konfrontat­iven Situation herauszuko­mmen“, sagt Simon Teune, Vorstand im Institut für Protestfor­schung.

Die Kommission sollte laut Teune mit Wissenscha­ftlern und Beobachter­n besetzt sein, nicht mit Politikern. Und sie sollte nicht nur die Krawalle, sondern auch das polizeilic­he Handeln unter die Lupe nehmen. „Es will sicher niemand in Hamburg, dass sich die Eskalation so fortsetzt. “

Eine Aufarbeitu­ng im Rahmen von Ausschüsse­n, die mit Politikern besetzt sind, halten die Berliner Forscher nicht für sinnvoll. Da werde dann eh nur alles durch die Mühlen der Parteipoli­tik gedreht. Die Hamburger Regierungs-Fraktionen setzen aber ausgerechn­et auf diese Form der Aufarbeitu­ng. RotGrün hat gerade einen Sonderauss­chuss beschlosse­n. Die Ergebnisse dürften vorhersehb­ar sein.

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