So bizarr lässt Erdogan sich feiern
Jahrestag des Putschversuchs Präsident fordert für die Türkei den Friedensnobelpreis und sendet eine Handy-Botschaft
Ankara – Es war die Show des Recep Tayyip Erdogan: Die türkische Regierung hat den ersten Jahrestag des gescheiterten Putsches am Wochenende groß gefeiert – mit absurden (Hass-)Reden und bizarren Handy-Botschaften.
Der türkische Präsident ließ keinen Zweifel: Er will seinen harten Kurs gegen tatsächliche und vermeintliche politische Gegner unbeirrt fortsetzen. „Wir kennen die Hintermänner von Terrororganisationen wie der GülenBewegung, der kurdischen Arbeiterpartei PKK und des Islamischen Staats: Diesen Verrätern werden wir zuerst die Köpfe abreißen“, sagte er bei einer Gedenkfeier. Es werde „kein Verräter ungestraft“bleiben. Er werde als Präsident ein Gesetz zur Wiedereinführung der Todesstrafe ohne Zögern unterschreiben, erklärte Erdogan. Und ihm sei es auch egal, was „Hans und George“darüber dächten, für ihn zählten nur Ahmet, Mehmet, Ayse und Fatma. Wohl eine Anspielung auf Deutschland und Großbritannien, die die Türkei immer wieder vor der Wiedereinführung der Todesstrafe gewarnt hatten.
Kurz zuvor hatte sich Erdogan noch dafür gelobt, wie verhältnismäßig die Reaktion auf den Putschversuch gewesen sei. Man müsse „unserem Land den Friedensnobelpreis dafür geben“, hatte er ohne einen Anflug von Ironie gesagt. Zur Erinnerung: In der Türkei sitzen mehr als 50 000 Menschen als vermeintliche Putschisten im Knast. Mehr als 100 000 Menschen haben ihren Job und damit ihre Existenz verloren.
Eine besondere Überraschung erlebten Türken, die am Jahrestag des Putsches jemanden mit dem Handy anrufen wollten. Bevor sie verbunden wurden, mussten sie sich eine automatisch abgespielte 16-sekündige Audio-Botschaft von Erdogan anhören. Darin sagt er: „Als Ihr Präsident gratuliere ich Ihnen am 15. Juli zum Tag der Demokratie und der Nationalen Einheit. Möge Gott Erbarmen mit unseren Märtyrern haben. Ich wünsche unseren Veteranen Gesundheit und Wohlbefinden.“
Die Botschaft stieß auf geteiltes Echo: Viele Türken freuten sich, andere sprachen von einer „Diktatur“und zogen Parallelen zu einem Überwachungsstaat.