Es lebe die entartete Kunst!
Neue Ausstellung in Düsseldorf erinnert an die vor 80 Jahren von den Nazis beschlagnahmten 20 000 Werke von modernen Künstlern
Solingen – „Wir sehen um uns herum diese Ausgeburten des Wahnsinns, der Frechheit, des Nichtskönnertums und der Entartung. Uns allen verursacht das Erschütterung und Ekel.“Mit diesen Worten eröffnete Adolf Ziegler, Präsident der NS-Reichskammer der bildenden Künstler, am 19. Juli 1937 in den Münchner Hofgarten-Arkaden die Schau „Entartete Kunst“. Sie war der Beginn eines beispiellosen Vernichtungsangriffs der Nazis auf die moderne Kunst, dessen Folgen bis heute spürbar sind.
Viele der verfemten Künstler sind bis heute in Vergessenheit versunken – was das „Zentrum für verfolgte Künste“in Solingen nun zum 80. Jahrestag der Münchner PropagandaSchau ändern will ... Wassily Kandinsky, Marc Chagall, Paul Klee – mit höhnischen Kommentaren versehen stellten die Nazis in München über 700 Werke moderner Meister als „entartet“zur Schau. In nur zehn Tagen hatte Adolf Ziegler sie in Museen in 23 Städten beschlagnahmen lassen, weil sie dem Kunstverständnis der Nazis nicht entsprachen.
Während die Schau bis April 1941 durch ein Dutzend weiterer Städte wanderte und drei Millionen Besucher anzog, hatten die Nazis ab August 1937 längst eine zweite „Säuberungswelle“gestartet. Weitere 20 000 Werke von über 1600 Künstlern wurden als „volksverderbend“beschlagnahmt. Legalisiert wurde die Plünderung per Einziehungsgesetz 1938 – das bis heute nicht annulliert wurde.
Tausende Bilder und Skulpturen sind verschollen. Viele wurden vernichtet oder als Devisenbringer ins Ausland verkauft, um wie NS-Propagandaminister Joseph Goebbels wünschte: „Mit dem Mist Geld zu verdienen.“Der Schlag der Nazis gegen eine ganze Generation von Künstlern wirkt bis heute nach. Denn „die Nachkriegsgesellschaft versäumte es, sie und ihr Schaffen in den deutschen Kulturkanon zurückzuholen“, so das „Zentrum für verfolgte Künste“in Solingen.
Ab 19. Juli lenkt die Ausstellung „Vor 80 Jahren: Die NS-Aktion ,Entartete Kunst’“in Düsseldorf (geöffnet bis 10.9.) den Blick auf über 200 Werke bekannter wie übergangener Künstler und deren Schicksal. Wie das von Oscar Zügel. Der Schwabe emigrierte 1934 aufgrund angedrohter Repressalien nach Spanien und Argentinien. Er kehrte bis zu seinem Tod 1968 nie wieder zurück.