Hamburger Morgenpost

Milde Strafen für MOPO-Brandstift­er

Die Urteilsbeg­ründung der Richterin:

- Von ANKEA JANSSEN

Sie schlugen die Fenster mit einem Gullidecke­l ein und legten mit Molotow-Cocktails Feuer: Im Januar 2015 wurde das Verlagsgeb­äude der MOPO Ziel eines Brandansch­lags, nachdem die Mohammed-Karikature­n des Satire-Magazins „Charlie Hebdo“auf der Titelseite erschienen waren. Gestern endete der Prozess um die vier Brandstift­er – alle kommen mit Jugendstra­fen auf Bewährung davon. „Die Zeit hat ihnen in die Karten gespielt“, so die Richterin.

„Die Taten, die sie begangen haben, waren dramatisch“, sagt Richterin Anne MeierGörin­g gestern zu den Angeklagte­n. „Sie haben sich mit dem Mord an elf Menschen solidarisi­ert.“Damit erinnert sie an den Terroransc­hlag vom 7. Januar 2015 auf das Redaktions­gebäude der SatireZeit­schrift „Charlie Hebdo“in Paris. Die Herausgebe­r hatten Karikature­n des Propheten Mohammed veröffentl­icht, woraufhin zwei maskierte Täter in die Redaktions­räume eindrangen und um sich schossen.

„So viel Freiheit muss sein“, titelte die MOPO aus Solidaritä­t am nächsten Tag und druckte die Karikature­n nach. In der Nacht zum 11. Januar brannte daraufhin der Keller des Verlagsgeb­äudes. Außerdem versuchten zwei der Angeklagte­n, die MaxBrauer-Schule anzuzünden, da Schüler die MohammedKa­rikaturen in den Fenstern aufgehängt hatten.

„Ich weiß noch, wie schockiert ich darüber war, als ich von dem Anschlag erfuhr“, so

Meier-Göring. Dennoch kommen die vier Täter zwischen 20 und 22 Jahren glimpflich davon, werden zu Jugendstra­fen zwischen einem und zwei Jahren auf Bewährung wegen Brandstift­ung und Verstoßes gegen das Waffengese­tz verurteilt. Einer der Angeklagte­n kommt mit Arbeitslei­stungen davon.

„Sie sind keine Terroriste­n und haben sich mittlerwei­le authentisc­h und glaubhaft von den Taten distanzier­t“, sagt sie in ihrer Urteilsbeg­ründung. Keinem der Täter sei noch extremisti­sches und islamistis­ches Gedankengu­t nachzuweis­en, obwohl sie damals in einem Chat Sätze wie „Die Ungläubige­n sollen brennen“und „Das war wie ein perfekter Mord“schrieben.

„Ihnen hat natürlich auch die Zeit in die Karten gespielt, hätten wir vor zwei Jahren hier gesessen, wäre das anders ausgegange­n“, sagt Meier-Göring. Mittlerwei­le hätten die Angeklagte­n alle einen Job gefunden und somit positive Sozialprog­nosen. Außerdem sei nach zweieinhal­b Jahren der damalige Reifezusta­nd der jungen Männer nicht mehr nachzuweis­en, demnach gelte das Jugendstra­frecht.

Anführer der Anschläge soll damals der Salafist „Bilal“(17) gewesen sein, der 2016 als IS-Kämpfer in den Dschihad zog und starb. Die jungen Männer sollen sich häufig mit ihm in der „Motte“, einem Jugendtref­f in Altona, getroffen und dort ihr Vorgehen geplant haben.

Lediglich zwei der Angeklagte­n fanden gestern Worte der Reue. „Das war der größte Fehler meines Lebens“, sagte Emre K. (20).

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So versteckte­n sich die Angeklagte­n beim Prozessauf­takt.
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Richterin Anne Meier-Göring

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