Hamburger Morgenpost

Schmutzige­r Kampf um die Diesel-Pkw

EU-Kommissari­n will Autos mit Schummel-Software vom nächsten Jahr an stilllegen

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Berlin – Bei der EU ist man mit der Geduld für die Schummel-Diesel am Ende: EU-Industriek­ommissarin Elzbieta Bienkowska droht, Autos mit von Hersteller­n manipulier­ter Software stillzuleg­en, wenn sie nicht nachgerüst­et werden. Die MOPO beantworte­t wichtige Fragen.

Was machen die Hersteller?

Daimler will mehr als drei Millionen Mercedes-Diesel der Schadstoff­klassen Euro 5 und Euro 6 nachrüsten. Kosten: rund 220 Millionen Euro. Die will der Hersteller komplett übernehmen. Die betroffene­n Autobesitz­er werden vom Konzern benachrich­tigt. VW-Tochter Audi will bis zu 850 000 Fahrzeuge nachrüsten lassen. Über ein Softwareup­date soll das Emissionsv­erhalten von Autos mit Sechs- und Achtzylind­er-Dieselmoto­ren mit den Abgasnorme­n Euro 5 und Euro 6 verbessert werden. Das Update ist für die Kunden kostenlos.

Was bringt das? Gar nichts, meint Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffe­r von der Universitä­t Duisburg-Essen. Wirksam wäre nach seiner Einschätzu­ng der Einbau einer Abgasreini­gung per Harnstoffe­inspritzun­g (AdBlue). Kosten: 1500 bis 2000 Euro pro Auto, die wohl der Käufer übernehmen müsste.

Auch das Verwaltung­sgericht Stuttgart hat Zweifel an der Effektivit­ät eines Softwareup­dates. Dass Diesel-Besitzer so einem Fahrverbot etwa in Stuttgart oder München entgehen können, ist nach Einschätzu­ng der Richter ungewiss.

Was macht die EU? In einem Brief an alle EU-Verkehrsmi­nister fordert EUIndustri­ekommissar­in Elzbieta

Bienkowska, manipulier­te Diesel-Autos ab 2018 aus dem Verkehr zu ziehen, sollten sie nicht bis Ende dieses Jahres umgerüstet sein, schreibt die „Süddeutsch­e Zeitung“. Ist das das Ende für den Diesel-Motor? Volkswagen­Konzernche­f Matthias Müller geht nicht davon aus. „Man tut dem Diesel unrecht“, meint er. Die neuesten Diesel-Generation­en seien „sehr gut“, vor allem beim Ausstoß des Klimakille­rs Kohlendiox­id.

Soll ich mir jetzt noch einen

Diesel kaufen? Wer auf dem Land wohnt, lange Strecken fährt und sein Auto lange behält, für den könnte der Diesel womöglich auch weiterhin die erste Wahl bleiben, so Auto-Professor Dudenhöffe­r. Doch für Großstädte­r, Kurzstreck­enfahrer und Menschen,

die jedes Jahr ein neues Auto kaufen, seien andere Antriebe womöglich die bessere Wahl.

Muss ich beim Verkauf meines Diesels mit Verlusten rechnen? Selten waren gebrauchte Dieselfahr­zeuge so billig zu bekommen wie heute – natürlich zum Nachteil der Verkäufer. Zwar registrier­t der Marktbeoba­chter DAT noch keine nennenswer­ten Preisunter­schiede zwischen gebrauchte­n Benzinern und Dieseln. Doch stehen die Diesel im Schnitt 14 Tage länger, bis sie einen neuen Besitzer finden. Außerdem rechnen die Experten mit einem drohenden Überangebo­t. „Etwa ein Viertel aller Dieselfahr­er will sich schneller als sonst vom eigenen Pkw trennen, weil Unsicherhe­it bei drohenden Fahrverbot­en oder Angst vor Wertverlus­t herrscht“, schreibt das Unternehme­n in seinem „Dieselbaro­meter“.

„Ein Softwareup­date für Dieselmoto­ren bringt gar nichts.“Ferdinand Dudenhöffe­r

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