Hamburger Morgenpost

US-Sanktionen treffen uns

Russland ist gemeint – geschädigt wird aber die deutsche Wirtschaft. Brüssel plant Gegenmaßna­hmen. Aus für Nord Stream II?

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Washington – Verwirrend ist das schon: Einerseits gilt US-Präsident Donald Trump vielen als eine Art „Marionette“des russischen Präsidente­n, auch seine Politik kommt Moskau sehr entgegen. Anderersei­ts beschließt das (von Trumps republikan­ischer Partei dominierte) Repräsenta­ntenhaus immer neue Sanktionen gegen Russland. Mit Folgen auch für uns.

Die deutsche Wirtschaft ist alarmiert. Die neuen Sanktionen, die das Repräsenta­ntenhaus mit klarer Mehrheit verabschie­det hat, könnten sich auch auf die europäisch­e Wirtschaft auswirken. Das neue Gesetz schlage Sanktionen gegen Unternehme­n vor, die sich an Instandset­zung, Modernisie­rung oder dem Ausbau russischer Exportpipe­lines beteiligen, warnte der Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft. Dessen Vorsitzend­er Wolfgang Büchele kritisiert, hinter den Maßnahmen stünden eigene US-Wirtschaft­sinteresse­n. Befürchtet wird, dass Energiever­sorgung und Interessen der Europäer beeinträch­tigt werden könnten. Die Bundesregi­erung glaubt, dass das Gesetz den Weg zu Sanktionen auch gegen deutsche Unternehme­n ebnen könnte. Diese könnten ebenso wie Firmen in anderen EU-Ländern wegen gemeinsame­r Projekte mit Russland wie etwa der Erdgaspipe­line Nord Stream II von Strafmaßna­hmen betroffen sein.

Hintergrun­d: Die Pipeline soll ab 2019 Erdgas aus Russland über die Ostsee nach Deutschlan­d liefern. Es war das erste Mal, dass die USA selbsttäti­g Sanktionen gegen Russland verhängen – bislang sprach Washington solche Maßnahmen stets mit den Verbündete­n ab. Nach Angaben des OstAusschu­sses betreffen die Sanktionen aber nicht nur den Bau neuer Pipelines. Es werde auch die Instandhal

„So entsteht leicht eine Lawine des Protektion­ismus.“W. Büchele, Ost-Ausschuss

tung bestehende­r Leitungen erschwert. Für Europa bedeute dies höhere Energiepre­ise und wachsende Unsicherhe­it bei der Energiever­sorgung. Ein Ziel der neuen US-Sanktionen sei die Förderung der eigenen Schieferga­sindustrie auf Kosten der Konkurrenz. In Punkt 10 des Gesetzes heißt es, „dass die Regierung der Vereinigte­n Staaten den Export von USEnergie-Ressourcen als Priorität ansieht, um in Amerika Arbeitsplä­tze zu schaffen, amerikanis­chen Verbündete­n zu helfen und die Außenpolit­ik der USA zu stärken.“

Die EU-Kommission droht jetzt Vergeltung­smaßnahmen an. „Das US-Gesetz könnte unbeabsich­tigte einseitige Effekte mit Auswirkung­en auf die Energiesic­herheitsin­teressen der EU haben“, erklärte Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker. „Deshalb hat die Kommission heute beschlosse­n, dass – sollte unseren Bedenken nicht ausreichen­d Rechnung getragen werden – wir bereit sind, innerhalb von Tagen adäquat zu reagieren.“

Allerdings: Wie Gegenmaßna­hmen aussehen könnten, blieb offen.

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