Hamburger Morgenpost

„Football ist fairer als das Show-Biz“

Der Moderator über seine bittersten Erfahrunge­n, falsche Freunde hinter den Fernseh-Kulissen und Kämpfe mitharten Bandagen

- Rike Schulz Tel. 040/80 90 57-330 Handy 0172/408 19 57 vip@mopo.de

Seine markante Stimme hallt über den Rasenplatz: Wenn Carsten Spengemann die Abwehrspie­ler der „Ravens“drillt, klingt es nach verdammt großer Samstagabe­ndunterhal­tung. Anfeuern, frotzeln, abklatsche­n.

Der Ex-Fernseh-Star ist jetzt Football-Trainer. Für den 44-Jährigen war der Sport die Rettung in seinen dunkelsten Stunden. Hier konnte er Dampf ablassen und Frust wegballern, als er von der Karrierele­iter stürzte. Der tiefe Fall, ausgelöst durch die Unterstell­ung einer Frau. Wir erinnern uns: Sie hatte behauptet, er habe ihren Cartier-Ring nach einer Sex-Nacht eingesackt. Für den Moderator war’s das Waterloo: Ende, aus, vorbei mit Erfolgskur­s!

Obgleich das Gericht die Anklage fallen ließ, Spengemann Geld zahlte „um Ruhe zu haben“und stets beteuerte, unschuldig zu sein – er war gebrandmar­kt.

Der einstige Lieblingss­chwiegerso­hn der deutschen Hausfrauen, der drei Mal mit Michelle Hunziker „Deutschlan­d sucht den Superstar“moderiert hatte, wurde nicht mehr zu Castings eingeladen. Produzente­n gingen auf Abstand. Die einzigen Angebote: als Promi-Material im Trash-TV aufschlage­n.

Ins „Dschungelc­amp“zog Spengemann immerhin ein, „Die Alm“besuchte er auch – um zu zeigen, dass er ein guter Kerl, ein netter Kumpeltyp ist. Half nix. „Ich fühlte mich, als hätte ich einen Stempel auf der Stirn. Ich wollte so gern wieder moderieren, weil ich es liebe. Aber es war, als würde ich gegen Mauern rennen“, so der muskulöse Bartträger. Menschen, die sich bisher Freunde nannten, lästerten nun über ihn. „Es waren bittere Erfahrunge­n. Schmerzhaf­t, aber reinigend. Ich konnte sehen, auf wen ich mich verlassen kann und wer nur ein Trittbrett­fahrer meines Erfolgs war.“

Energie-Vampire sortierte Spengemann radikal aus. Mit sich selbst war er auch nicht zimperlich. „Den Carsten von damals würde ich heute nicht mehr mögen. Wenn man wie ich in einer künstliche­n Welt aus TV-Studios und Hotels lebt, ständig Applaus hat und Leute, die alles für einen erledigen, wird man schnell arrogant. Ich war noch sehr jung, fuhr zeitweise einen blöden EgoTrip und war leider nicht immer so smart, wie ich hätte sein sollen“, sagt er selbstkrit­isch. American Football, der Sport, den er schon als Ju

gendlicher für sich entdeckt hatte, sorgte für Erdung. „Hier zählt nicht, wer du bist, sondern nur, was du leistest. Wie sehr du dich reinhängst, wie teamfähig du bist. Dieser Sport ist fairer als das ShowBiz“, sagt Spengemann.

Als er gefragt wurde, ob er als Coach bei den „Ravens“in Harburg anfangen will, zögerte er nicht. „Klar, es ist keine Bundesliga-Truppe, aber ich glaube an die Jungs – alles charakters­tarke Typen, die mit Herz dabei sind“, sagt er über sein Ehrenamt.

Wie verdient er seine Kohle? „Ich spiele Theater und moderiere auf Messen oder Veranstalt­ungen.“Träumt er sich manchmal zurück ins TV? „Den Ruhm vermisse ich nicht. Aber eine FootballSe­ndung zu moderieren, das wäre der Knaller.“

 ?? ?? Hart, aber herzlich: Als Abwehr-Coach macht Carsten Spengemann (44) den Spielern der „Ravens“ordentlich Dampf.
Hart, aber herzlich: Als Abwehr-Coach macht Carsten Spengemann (44) den Spielern der „Ravens“ordentlich Dampf.
 ?? ?? 2002 moderierte der Hamburger mit Michelle Hunziker „DSDS“.
2002 moderierte der Hamburger mit Michelle Hunziker „DSDS“.
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