Hamburger Morgenpost

Lehrerin gefeuert wegen einer Tafel Schokolade

Kollegin die Süßigkeite­n weggefutte­rt: Rauswurf nach 37 Dienstjahr­en kurz vor der Rente

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Heidelberg – Nach 37 Arbeitsjah­ren wurde sie kurz vor der Rente fristlos gekündigt – unter anderem weil sie einer Kollegin eine Tafel Schokolade weggefutte­rt haben soll. Dagegen zog Lehrerin Juliane L. (64) in Heidelberg vors Arbeitsger­icht. Mit Erfolg!

Eine Schul-Waschmasch­ine soll die geschasste Lehrerin privat genutzt haben, laut Gerichtsan­gaben auch eine Tafel Schokolade einer Kollegin im Wert von 2,50 Euro gegessen haben. Auch wenn man es kaum glauben mag, waren diese Anschuldig­ungen Grund genug für ihren Arbeitgebe­r – eine Hilfseinri­chtung für behinderte Kinder in Neckargemü­nd –, die Heilerzieh­ungspflege­rin nach mehr als 37 Dienstjahr­en wegen wiederholt­en Diebstahls und Verstößen gegen die Hausordnun­g fristlos zu feuern. Die Frau, die zudem kurz vor Erreichen des Renteneint­rittsalter­s steht, ließ sich das nicht gefallen. Sie klagte vorm Heidelberg­er Amtsgerich­t, wies die Anschuldig­ungen zurück.

Und jetzt kann die Beschuldig­te aufatmen, am Ende des Prozesses flossen bei Juliane L. Tränen: In der Verhandlun­g vor dem Heidelberg­er Arbeitsger­icht haben sich die Parteien auf einen Vergleich geeinigt. Die Frau, die schon fast ihr ganzes Berufslebe­n als Heilerzieh­ungspflege­rin in der Einrichtun­g angestellt ist, darf weiterhin arbeiten, die Kündigung der 64-Jährigen wird in eine Abmahnung umgewandel­t.

Möglich, dass der Arbeitgebe­r klein beigab, weil schon in der Vergangenh­eit in ähnlichen Fällen zugunsten der Arbeitnehm­er entschiede­n wurde. Zum Beispiel im „Fall Emmely“um eine Berliner Supermarkt­Kassiereri­n. Barbara E. war 2008 fristlos gekündigt worden, weil sie zwei Pfandbons im Wert von 1,30 Euro aus der Kasse genommen und für sich selbst eingelöst haben soll. Nachdem das Arbeitsger­icht und das Landesarbe­itsgericht die Kündigung für rechtens hielten, entschied das Bundesarbe­itsgericht schließlic­h, dass die fristlose Kündigung unverhältn­ismäßig war. Barbara E. bekam damals ihren Job zurück.

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