Hamburger Morgenpost

Jetzt verhöhnt der Firmenchef die Autonomen

Florian Schröder feiert sich als ersten „Werbepartn­er“der linken Trutzburg

-

Die „Rote Flora“gilt als Festung gegen den Kapitalism­us. Knapp drei Jahrzehnte hat sie jeglichem Kommerz getrotzt – bis am Donnerstag das Werbebanne­r von Florian Schröders Pflanzenve­rsand auf der linken Trutzburg gehisst wurde (MOPO berichtete). Die Autonomen sind seit der Aktion sprachlos – und werden nun auch noch verhöhnt.

Den 27. Juli 2017 dürfte Florian Schröder nicht so schnell vergessen. Es ist der Tag, an dem das antikapita­listische Zentrum erstmals für kommerziel­le Zwecke „missbrauch­t“wurde. Schröders Firma ist dafür mitverantw­ortlich – und dankt den Autonomen jetzt in einer irren Mitteilung für die „Zusammenar­beit“.

Flora-Sprecher Andreas Blechschmi­dt wird darin mit dem Kosenamen „Andy“bedacht – ohne ihn wären „nicht so viele Rote-Flora-Aktivisten für diese Aktion zu begeistern gewesen“, heißt es.

Am Donnerstag hatten angebliche Anarchiste­n mit einer Hebebühne zwei Olivenbäum­e auf dem Balkon der Flora platziert und weiße Tauben fliegen lassen – als Versöhnung­sgeste nach den G20-Krawallen. Zeitgleich entrollten sie vor versammelt­en Medien ein Werbebanne­r von Schröders Unternehme­n, das auf vielen Bildern zu sehen war.

Auch Flora-Anwalt Andreas Beuth wird gedankt, dass diese Werbe-Aktion stattfinde­n konnte. „Sie und Ihre Autonomen haben den rechtliche­n Rahmen dafür geschaffen, dass ein Umdenken bei den Floristen und Aktivisten stattgefun­den hat und erstmals Werbung für ein kapitalist­isch orientiert­es Unternehme­n platziert werden durfte“, heißt es in der Mitteilung, die arg nach Satire klingt. Auch dass man stolz darauf sei, der

„erste Werbepartn­er der Flora zu sein“, wirkt wie ein Scherz – über den die linke Szene nicht lachen kann. Die Kampagne „Flora bleibt unverträgl­ich“aus dem Umfeld des besetzten Hauses meldete sich noch am Donnerstag­abend mit einem Blogeintra­g zu Wort.

Dort heißt es, eine unbekannte Gruppe habe sich „mit fundamenta­listischen Symbolen“in Szene gesetzt. Man kenne den Hintergrun­d und die Motive der Gruppe nicht. Aber: „Wer sich von außen mit dem Kran aufs Dach hieven muss, ist jedenfalls weder Aktivist der Roten Flora noch Menschen, die für das Projekt sprechen.“

Blechschmi­dt hatte am Donnerstag noch das Gegenteil beteuert – gestern war er den ganzen Tag telefonisc­h nicht zu erreichen. Auch auf E-Mails reagierte die Flora nicht. Die Autonomen sind abgetaucht, sprachlos. Aus gutem Grund.

Florian Schröders Unternehme­n passt so gar nicht in die Weltanscha­uung der Floristen. Seit 2002 betreibt er einen Onlinehand­el für Pflanzen zum Discountpr­eis. Das Geschäftsm­odell hat sich ausgezahlt, Schröder wohnt laut Telefonbuc­h an der Elbchausse­e. Alles andere als eine schlechte Adresse – was im Übrigen auch auf seine Firmenpart­ner zutrifft. Seit 2013 ist Schröders Onlinevers­and Partner des HSV, begrünt dort unter anderem die VIP-Tribünen. Bei der Fußball-WM 2014 in Brasilien gestaltete das Unternehme­n zudem das Camp der deutschen Nationalma­nnschaft – mehr Kommerz geht kaum.

Dass einige Rotflorist­en die Aktion „nicht so prall“finden, hat auch Schröder erkannt. Er meint aber, seine Firma passe „eben in den Kontext und bietet Anarchiste­n auch eine gewisse Basis“. Etwa mit dem Gewächshau­s, das er dem anarchisti­schen Gärtnerkol­lektiv zur Verfügung stellt.

 ??  ?? Florian Schröder ist Geschäftsf­ührer des Onlinehand­els, der Donnerstag die Flora für Werbezweck­e nutzte.
Florian Schröder ist Geschäftsf­ührer des Onlinehand­els, der Donnerstag die Flora für Werbezweck­e nutzte.
 ??  ??
 ??  ?? Selbst ernannte Aktivisten haben am Donnerstag die Flora gekapert, Olivenbäum­e auf den Balkon gehievt, weiße Tauben fliegen lassen – und ein Werbebanne­r entrollt.
Selbst ernannte Aktivisten haben am Donnerstag die Flora gekapert, Olivenbäum­e auf den Balkon gehievt, weiße Tauben fliegen lassen – und ein Werbebanne­r entrollt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany