Hamburger Morgenpost

„Früher habe ich Tabak angebaut“

Der Grieche spricht über seine ungewöhnli­che Kindheit, seine Gesundheit und die neue Saison

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Wer Kyriakos Papadopoul­os die Hand gibt, hat erst mal Schmerzen. Hart, härter, „Papa“– so ist das eben, auch im Trainingsl­ager des HSV in Längenfeld. Ein echter Typ, einer, der dem „Dino“verdammt gut tut. War der Grieche zuvor nur auf Leihbasis beim HSV, kaufte der Klub ihn im Sommer aus Leverkusen – und bekommt weiterhin das volle „Papa“-Paket. Die MOPO traf den 25-Jährigen zum Gespräch. MOPO: Ihr Abwehrkoll­ege Mergim Mavraj sagte kürzlich, er wusste immer, dass Sie beim HSV bleiben würden. War das für Sie auch so klar? Kyriakos Papadopoul­os: Nein, so leicht war das nicht. Mergim wusste zwar, was ich wollte. Aber ich hatte einen Vertrag in Leverkusen. Entscheide­nd war, dass ich Bayer klar gesagt habe, dass ich unbedingt weg will – zum HSV! Wenn ein Spieler so etwas sagt, ist es schwer für einen Verein, ihn zu halten. Dann ging es plötzlich schnell. Zum Glück. Ich hatte wirklich sehr gute andere Angebote, aus England und Spanien. Aber ich wollte unbedingt in Hamburg bleiben. Das ist mein Verein, hier passt es für mich. Tatsächlic­h haben Sie die Herzen der HSV-Fans im Sturm erobert. Auf dem Platz gelten Sie als Motivation­smonster. Aber das muss doch so sein. Auf dem Platz spiele ich, als ginge es ums Überleben. Das ist unsere Arbeit. Ich will gewinnen – immer. Kann man so eine Mentalität lernen? Du musst so erzogen werden. Deshalb bin ich meiner Familie so dankbar. Sie hat dafür gesorgt, dass ich schon als Kind mental sehr stark wurde. Es gibt so viele talentiert­e Spieler. Aber am Ende entscheide­t der Kopf darüber, ob du es schaffst. Was haben Sie mit auf den Weg bekommen?

In unserer Familie war es so, dass wir Kinder immer schon früh zur Arbeit mitgegange­n sind, mit Opa

oder Papa. Wenn du von der Familie so erzogen wirst, dass du arbeiten musst, um gut leben zu können, dann verinnerli­chst du das. Vielleicht sieht man es bei mir auf dem Platz. Was haben Sie gearbeitet?

Vieles. Mein Papa hat mit Möbeln gehandelt. Da gab es immer viel zu tragen, viel zu transporti­eren. Und mein Großvater hatte eine Plantage, da habe ich früher Tabak mit angebaut. Da war ich zehn oder zwölf. Da lernt man anzupacken. Und die Schule?

Oh je, die Schule (rollt mit den Augen). Meine Mama

hat mich immer angetriebe­n, zur Schule zu gehen. Aber wir haben immer versucht, Zeit zu schwänzen und lieber Fußball zu spielen. Mama ist dann oft hinterherg­elaufen und hat aufgepasst, dass wir auch wirklich hingehen. Aber mit 15 wurden Sie schon Fußball-Profi.

Genau. Mit 14 habe ich in der vierten Liga gespielt, mit 16 dann Champions League für Olympiakos Piräus. Ich habe genau darauf geachtet, wie die älteren Spieler trainieren und reden. Nun versuche ich hier beim HSV den Jungen zu helfen und sie besser zu machen. Den Jungen? Sie sind selbst erst 25 Jahre alt. Aber schon zehn Jahre Profi. Ich bin also einer der Älteren hier. Immer wieder gibt es Gerüchte um Ihre Gesundheit. Schulter und Knie gelten als Ihre Problemzon­en, hinter vorgehalte­ner Hand wird immer wieder behauptet, Sie seien den Belastunge­n des Profi-Fußballs nicht mehr gewachsen. Wie gehen Sie mit solchen Meinungen um? Ganz ehrlich: Das interessie­rt mich nicht. Viele Leute sagten schon vor vier Jahren, dass ich nicht mehr spielen kann. Auch Ärzte. Tatsache ist: Ich habe seit zweieinhal­b Jahren keine Knieproble­me mehr und habe gerade eine gute Rückrunde gespielt. Und der HSV glaubt so sehr an mich, dass er sehr viel Geld für mich bezahlt hat. Also sind die Gerüchte Unsinn?

Bei uns in Griechenla­nd sagt man: Der Fußballpla­tz ist der Spiegel. Wer gucken will, ob ich gesund bin, ist herzlich eingeladen, mir zuzusehen, bitte schön. Dennoch sucht der HSV noch einen weiteren Innenverte­idiger. Wie gehen Sie damit um? Natürlich! Wir sind bislang nur drei Innenverte­idiger im Kader. Wichtig ist, dass wir genügend Spieler haben, damit wir unsere Ziele erreichen können. Ich möchte nicht wieder so lange zittern müssen. Ohnehin kommen Sie von Vereinen, die andere Ziele haben. Schalke, Leverkusen, auch Leipzig sind es gewohnt, oben mitzuspiel­en. Das stimmt. Ich kenne es so. Aber man darf das nicht vergleiche­n. Leverkusen ist anders als der HSV. Sie wollen immer in die Champions League und können anders investiere­n als Hamburg. Der HSV war die letzten Jahre etwas wacklig. Aber ich hoffe, dass wir irgendwann auch mal wieder eine Konkurrenz für Vereine wie Leverkusen sein können. Gegen Leverkusen und Leipzig trafen Sie in der Rückrunde für den HSV. Fehlt noch ein Tor gegen Schalke. Ja, das versuche ich! Hauptsache, wir gewinnen. Es fällt auf, dass es Ihnen keinerlei Probleme bereitet, Tore gegen Ex-Vereine zu bejubeln. Das ist in der heutigen Zeit eher selten. Ich juble immer, da können Sie sich aber ganz sicher sein. Ex-Verein hin oder her – der HSV ist mein Klub, für den gebe ich alles! Nur wenn wir gegen PAOK Saloniki spielen würden, könnte ich nicht jubeln. Ich bin PAOK-Fan! Und der HSV? Was ist in der neuen Serie drin? Ich glaube, es könnte ein Vorteil sein, dass wir so wenige Abgänge haben. Wir kennen uns fast alle sehr gut. Ich hoffe sehr, dass wir nicht gegen den Abstieg spielen – und dass ich gesund bleibe. Umso mehr kann ich helfen.

„Dank meiner Familie wurde ich mental sehr stark.“ „Der HSV ist mein Verein, hier passt es für mich.“

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Eine Grieche in Österreich: Kyriakos Papadopoul­os posiert vor den mächtigen Bergen.
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Kyriakos Papadopoul­os (r.) und MOPO-Reporter Simon Braasch

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