Hamburger Morgenpost

Ruhe an Europas südlichste­m Punkt

Auf Mani auf dem Peloponnes können Besucher entschleun­igen

- Von MECHTHILD HENNEKE

Sarta ist das Ziel des Linienbuss­es, der von Athen zum Peloponnes fährt. Eine Stadt, deren Name und Geschichte zum Begriff „spartanisc­h“führte. Ist es das, was auf Mani, südlich von Sparta, zu erwarten ist? Nicht ganz, einen Vorgeschma­ck gibt der Begriff dennoch. Griechenla­nd beschränkt sich auf dieser wunderbare­n Halbinsel auf das Wesentlich­e, auf das, was das Land so schön macht: seine Natur, sein Meer, seine Menschen.

Mani ist der mittlere der „Finger“auf dem Peloponnes; es beginnt südlich von Kalamata und endet am Kap Tenaro. Das Kap liegt südlicher als Tunis und ist nach Tarifa in Spanien der südlichste Festlandpu­nkt Europas. Dazwischen erstrecken sich auf rund 120 Kilometern karge Berge (der höchste ist 2400 Meter hoch) und Dörflein, die geradezu auf Besucher warten. Mit frisch gepflaster­ten Straßen und gestrichen­en Häusern haben sie sich herausgepu­tzt.

Ein Mietwagen ist auf Mani unvermeidl­ich, es sei denn, die Beine tragen weit. Zwischen den Siedlungen sind immer wieder Jogger zu sehen. Der Autoverkeh­r ist überschaub­ar, insofern riskieren sie nicht viel, doch ihre neonfarben­en T-Shirts und Turnschuhe setzen sich merkwürdig modern von der archaische­n Landschaft ab.

Aus grauem Gestein sind Berge und Felsen, nur niedriges Gebüsch wächst hier. Wo bewässert wird, ist die Pflanzenpr­acht allerdings überborden­d. Oleander in allen Farben, Lavendel, Zitronenbä­ume, Königskerz­en in leuchtende­m Gelb machen jeden Berliner Balkonbesi­tzer neidisch. In Aeropoli, dem wichtigste­n Ort auf Mani, lassen sich die Blumen in den Gärten bewundern.

Rund 800 Einwohner hat die kleine Ortschaft, zwei Supermärkt­e, eine Apotheke und viele Cafés. Hier gehen die Kinder von Mani zur Schule und hier feiert Mani den Freiheitsk­ampf der vergangene­n Jahrhunder­te. Die Halbinsel war nie türkisch besetzt, denn die Familien verschanzt­en sich hinter Wohntürmen aus weißem Stein.

Auf dem Marktplatz von Areopoli steht ein großes Standbild für den Lokalhelde­n Petros Mavromicha­lis (1765–1848). Es lässt erahnen, dass die Menschen von Mani ein ganz besonderes Selbstbewu­sstsein haben. Dafür spricht auch die weiße Fahne der Halbinsel, die an vielen Häusern gehisst ist: „Sieg oder Tod“steht darauf, die Losung der Freiheitsk­ämpfer. Ist davon heute noch etwas zu spüren? Vielleicht. Wer ein Mittagesse­n oder einen typischen griechisch­en Café Frappé bestellt, muss nicht glauben, dass die Gastronome­n rennen. Man gibt sich entspannt. Das steckt an.

Neben der Unabhängig­keit macht auch die Natur die Menschen stolz. Vor allem die riesige Tropfstein­höhle in der Nähe von Areopoli ist ein Highlight, das Liebhaber solcher geologisch­en Wunder nicht auslassen sollten. Die Höhlen von Pirgos Dirou sind enorm. Mit mehr als 15 Kilometern Länge ist die Tropfstein­höhle die größte Griechenla­nds. Gerüchten zufolge erstreckt sie sich unterirdis­ch bis nach Sparta.

Besucher werden in kleine Boote gesetzt, die ein Gondoliere durch das Labyrinth stakst. Die Landschaft­en sind bizarr: rote, weiße, grüne Stalaktite­n und Stalagmite­n stechen von unten und oben in den Hohlraum, durch den das Boot sich windet. Ein Flyer liefert Zahlen und Fakten: Hunderttau­sende Jahre alt sind die Tropfstein­e,

der tiefste erreicht 80 Meter. Seit 1949 wird die Höhle erforscht, in der Knochen von Panthern, Hyänen, Löwen und Hirschen gefunden wurden.

Nach diesem Ausf ug in die Unterwelt zieht einen das bunte Geschirr, das Georgios Tsoulakas am Straßenabz­weig zu den Höhlen anbietet, magisch an. Seit 1994 sind der Ton-Künstler und seine Schwester in ihrem Atelier „Pyrgos“aktiv. Die Teller, Karaffen und kleinen Windmühlen an der Straße erfüllen nicht das Klischee griechisch­er Handwerksk­unst. Jedes Stück Geschirr hat eine individuel­le Note. Wenn man üblicherwe­ise bereut, im Urlaub traditione­lle Waren zu kaufen, so sind diese Gegenständ­e kleine Schmuckstü­cke zu äußerst erschwingl­ichen Preisen.

Mani kann nicht teuer sein, denn die Insel zieht nur Individual­touristen an. Hier fühlen sich die Besucher als Gäste der Einheimisc­hen. Lediglich im Juli, August ändert der Landstrich sein Gesicht. Dann ist Hauptreise­zeit und Manis Bewohner versuchen, das Geld für den Rest des Jahres zu verdienen. Danach geht alles wieder in ruhigeren Bahnen.

Nach den Tagestoure­n wartet noch ein besonderes Vergnügen. Ein Infinity Pool im Hotel Petra & Fos („Stein und Licht“), ein kantenlose­s Schwimmbec­ken, vermittelt den Eindruck, der Badende liege in Meer und Himmel zugleich. Das Boutiqueho­tel in der Nähe des Orts Neo Oitilo hat das Quäntchen Luxus, das den Urlaub besonders macht. Bei aller Unmittelba­rkeit griechisch­er Natur und Lebenslust, die sich auf Mani erfahren lässt.

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Idylle pur: Auf der Halbinsel Mani findet man noch verfallene Kirchen (Foto links) und einsame Strände.
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Aeropoli ist der wichtigste Ort auf Mani. Hier locken enge Gassen, aber auch viele kleine Cafés, in denen man sich herrlich entspannen kann. Rund 800 Einwohner hat die kleine Ortschaft, zwei Supermärkt­e, eine Apotheke und eine Schule.
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