Ruhe an Europas südlichstem Punkt
Auf Mani auf dem Peloponnes können Besucher entschleunigen
Sarta ist das Ziel des Linienbusses, der von Athen zum Peloponnes fährt. Eine Stadt, deren Name und Geschichte zum Begriff „spartanisch“führte. Ist es das, was auf Mani, südlich von Sparta, zu erwarten ist? Nicht ganz, einen Vorgeschmack gibt der Begriff dennoch. Griechenland beschränkt sich auf dieser wunderbaren Halbinsel auf das Wesentliche, auf das, was das Land so schön macht: seine Natur, sein Meer, seine Menschen.
Mani ist der mittlere der „Finger“auf dem Peloponnes; es beginnt südlich von Kalamata und endet am Kap Tenaro. Das Kap liegt südlicher als Tunis und ist nach Tarifa in Spanien der südlichste Festlandpunkt Europas. Dazwischen erstrecken sich auf rund 120 Kilometern karge Berge (der höchste ist 2400 Meter hoch) und Dörflein, die geradezu auf Besucher warten. Mit frisch gepflasterten Straßen und gestrichenen Häusern haben sie sich herausgeputzt.
Ein Mietwagen ist auf Mani unvermeidlich, es sei denn, die Beine tragen weit. Zwischen den Siedlungen sind immer wieder Jogger zu sehen. Der Autoverkehr ist überschaubar, insofern riskieren sie nicht viel, doch ihre neonfarbenen T-Shirts und Turnschuhe setzen sich merkwürdig modern von der archaischen Landschaft ab.
Aus grauem Gestein sind Berge und Felsen, nur niedriges Gebüsch wächst hier. Wo bewässert wird, ist die Pflanzenpracht allerdings überbordend. Oleander in allen Farben, Lavendel, Zitronenbäume, Königskerzen in leuchtendem Gelb machen jeden Berliner Balkonbesitzer neidisch. In Aeropoli, dem wichtigsten Ort auf Mani, lassen sich die Blumen in den Gärten bewundern.
Rund 800 Einwohner hat die kleine Ortschaft, zwei Supermärkte, eine Apotheke und viele Cafés. Hier gehen die Kinder von Mani zur Schule und hier feiert Mani den Freiheitskampf der vergangenen Jahrhunderte. Die Halbinsel war nie türkisch besetzt, denn die Familien verschanzten sich hinter Wohntürmen aus weißem Stein.
Auf dem Marktplatz von Areopoli steht ein großes Standbild für den Lokalhelden Petros Mavromichalis (1765–1848). Es lässt erahnen, dass die Menschen von Mani ein ganz besonderes Selbstbewusstsein haben. Dafür spricht auch die weiße Fahne der Halbinsel, die an vielen Häusern gehisst ist: „Sieg oder Tod“steht darauf, die Losung der Freiheitskämpfer. Ist davon heute noch etwas zu spüren? Vielleicht. Wer ein Mittagessen oder einen typischen griechischen Café Frappé bestellt, muss nicht glauben, dass die Gastronomen rennen. Man gibt sich entspannt. Das steckt an.
Neben der Unabhängigkeit macht auch die Natur die Menschen stolz. Vor allem die riesige Tropfsteinhöhle in der Nähe von Areopoli ist ein Highlight, das Liebhaber solcher geologischen Wunder nicht auslassen sollten. Die Höhlen von Pirgos Dirou sind enorm. Mit mehr als 15 Kilometern Länge ist die Tropfsteinhöhle die größte Griechenlands. Gerüchten zufolge erstreckt sie sich unterirdisch bis nach Sparta.
Besucher werden in kleine Boote gesetzt, die ein Gondoliere durch das Labyrinth stakst. Die Landschaften sind bizarr: rote, weiße, grüne Stalaktiten und Stalagmiten stechen von unten und oben in den Hohlraum, durch den das Boot sich windet. Ein Flyer liefert Zahlen und Fakten: Hunderttausende Jahre alt sind die Tropfsteine,
der tiefste erreicht 80 Meter. Seit 1949 wird die Höhle erforscht, in der Knochen von Panthern, Hyänen, Löwen und Hirschen gefunden wurden.
Nach diesem Ausf ug in die Unterwelt zieht einen das bunte Geschirr, das Georgios Tsoulakas am Straßenabzweig zu den Höhlen anbietet, magisch an. Seit 1994 sind der Ton-Künstler und seine Schwester in ihrem Atelier „Pyrgos“aktiv. Die Teller, Karaffen und kleinen Windmühlen an der Straße erfüllen nicht das Klischee griechischer Handwerkskunst. Jedes Stück Geschirr hat eine individuelle Note. Wenn man üblicherweise bereut, im Urlaub traditionelle Waren zu kaufen, so sind diese Gegenstände kleine Schmuckstücke zu äußerst erschwinglichen Preisen.
Mani kann nicht teuer sein, denn die Insel zieht nur Individualtouristen an. Hier fühlen sich die Besucher als Gäste der Einheimischen. Lediglich im Juli, August ändert der Landstrich sein Gesicht. Dann ist Hauptreisezeit und Manis Bewohner versuchen, das Geld für den Rest des Jahres zu verdienen. Danach geht alles wieder in ruhigeren Bahnen.
Nach den Tagestouren wartet noch ein besonderes Vergnügen. Ein Infinity Pool im Hotel Petra & Fos („Stein und Licht“), ein kantenloses Schwimmbecken, vermittelt den Eindruck, der Badende liege in Meer und Himmel zugleich. Das Boutiquehotel in der Nähe des Orts Neo Oitilo hat das Quäntchen Luxus, das den Urlaub besonders macht. Bei aller Unmittelbarkeit griechischer Natur und Lebenslust, die sich auf Mani erfahren lässt.