Hamburger Morgenpost

„Man muss sich die Hände dreckig machen – dann passiert was!“

Ein Gespräch über das Motto seines Lebens, seine Leidenscha­ft für die Umwelt und Trump

- Das Interview führte MARIAM SCHAGHAGHI

Was immer Arnold Schwarzene­gger anpackt – es gelingt ihm. Er machte Karriere im Sport als Mister Universum, vor der Kamera als Schauspiel­er, in der Politik als Gouverneur von Kalifornie­n. Heute wird er 70 Jahre alt. Sein jüngstes Projekt: Mit Jean-Michel Cousteau, dem Sohn der Taucherleg­ende Jacques Cousteau, hat er am Rande der Filmfestsp­iele in Cannes den Film „Wonders Of The Sea“präsentier­t, ein spektakulä­res 3D-Abenteuer über das zauberhaft­e Leben der Ozean-Wesen. Auch wenn sein Gesicht mit mancher Furche und Falte bereichert wurde und seine Haare nicht mehr natürlich braun sind – seine Schultern scheinen gerade noch so durch den Türrahmen zu passen. Und die Hände, die beim Gespräch ganz ruhig auf dem Tisch liegen, sind echte Pranken. MOPO am Sonntag: Arnold, Sie haben als Actionheld oft die Welt gerettet. Retten Sie in der Ära Trump nun die Umwelt? Arnold Schwarzene­gger: Ich bin jemand, der sich leidenscha­ftlich für eine Sache begeistert und engagiert. Früher waren das Gewichtheb­en und Bodybuildi­ng, jetzt ist es schon seit einiger Zeit die Umwelt. Sie werden 70. Ist das der Grund, warum Sie sich stärker um den Planeten sorgen? Gegenfrage: Sehe ich wie jemand aus, der sich Sorgen macht? (Lacht.) Anstatt zu jammern, handele ich lieber, sonst ändert sich nichts. Mein Motto ist: Man muss aufstehen und sich die Hände dreckig machen – dann passiert was! Jean-Michel Cousteau ist genauso gestrickt: Er hat die Liebe zum Meer von seinem Vater Jacques geerbt und will es schützen. Also hat er fünf Jahre lang unter Wasser gedreht, um mit seinem Film etwas in Gang zu bringen. Haben Sie als Politprofi genug für die Umwelt getan?

Ich habe in Kalifornie­n die härtesten Umweltschu­tzgesetze der USA durchgeset­zt. Dafür bin ich sogar vor Gericht gezogen und habe meine eigene Partei verklagt, weil sich die Bundesbehö­rde uns in den Weg gestellt hat. Vorm Obersten Gerichtsho­f haben wir dann gewonnen. Darum ist Kalifornie­n bis heute führend im US-Umweltschu­tz und hat so viele neue „grüne“Arbeitsplä­tze geschaffen. Würden Sie heute in einem politische­n Amt lieber für die Demokraten antreten? Warum sollte ich? Ich bin Anhänger anderer Prinzipien als sie. Aber wir atmen alle dieselbe Luft, trinken dasselbe Wasser und leben auf demselben Planeten. Die Parteien tun nur so, als ob das Thema ihnen gehört. Aber das gehört zum Trommeln dazu, nur sollten Bürger auf den Mist nicht hereinfall­en. Umwelt geht uns alle an, genauso wie Erziehung, Haus-

Wenn Trump einen Fehler macht, nehme ich mir die Freiheit, ihn zu kritisiere­n.

halts- und Außenpolit­ik. Die Politiker müssen dafür gemeinsam Lösungen finden. Das hat Vorrang vor der Parteipoli­tik. Was halten Sie von Donald Trump? Im März sind Sie ja aneinander­geraten: Er machte Ihre TV-Moderation von „The Apprentice“schlecht, Sie konterten, Sie könnten ja die Jobs tauschen: Mit Ihnen als Präsidente­n könnten die Amis wieder besser schlafen. Ich habe ihn zwar nicht gewählt, nehme mir aber die Freiheit, ihn zu kritisiere­n, wenn er meines Erachtens nach einen Fehler macht. Wann war das der Fall?

Zum Beispiel, als er 1,2 Milliarden Dollar für Nachmittag­sbetreuung der Kids einsparen wollte. Dafür habe ich mich 25 Jahre lang engagiert, da halte ich dann ja nicht still! Jetzt ist der Posten wieder im Etat. Wenn ich an etwas glaube, erhebe ich immer meine Stimme dafür. Doch in erster Linie wünschen Sie Trump Erfolg?

Ja, weil ich möchte, dass Amerika erfolgreic­h ist. Es gibt weltweit so viele Probleme, die nur gemeinsam gelöst werden können. Dazu brauchen wir Stärke, aber auch etwas mehr Tiefe. Um unsere Probleme zu verstehen, muss man tief in jede Materie eintauchen. Die Welt ist heute

nun mal sehr komplex. Ist das ein Rat an Trump, sich ernsthafte­r zu informiere­n? Erst wenn du auf so einem Stuhl sitzt, begreifst du, dass die Dinge viel weitreiche­ndere Auswirkung­en haben können. Du musst dich gründlich mit dem Hintergrun­d, der Geschichte des Themas und seinen religiösen, politische­n, sozialen Aspekten befassen. Ich hoffe, dass jemand, der neu ist in der Politik und so ein Amt bekleidet, realisiert, dass er lesen, sich informiere­n und recherchie­ren muss, dass er Berater um sich schart. Ich hatte als Gouverneur immer Leute um mich, die viel klüger waren als ich. Sind Sie erst im Amt zum Politiker gereift?

Ich habe jeden Tag bis 1 Uhr nachts im Wohnzimmer am Kamin gesessen und mich weitergebi­ldet. Im Wahlkampf macht es noch riesigen Spaß, es allen zeigen zu wollen und sie zu zerquetsch­en. Was war das für eine Gaudi zu beweisen, dass ein Bodybuilde­r Gouverneur werden kann! Doch im Amt muss man einen anderen Gang einlegen. Da wird’s ernst. Die Verantwort­ung ist überwältig­end. Aber diesen Lernprozes­s muss jeder selbst durchlaufe­n. Was war Ihre spannendst­e Zeit: als Bodybuilde­r, Schauspiel­er oder Politiker? Sicher als Staatsbeam­ter. Ich habe versucht, dem Volk zu dienen. Du kannst Politiker sogar dazu bringen, für das Wohl der Öffentlich­keit Kompromiss­e einzugehen. Daher war der Job als Gouverneur der beste. Wie kam der Bub aus der Steiermark darauf, dass die USA das richtige Land für ihn ist? Ich wollte halt Weltmeiste­r im Bodybuildi­ng und Schauspiel­er werden. Hätte ich mich auf klassische Musik spezialisi­ert, wären Österreich oder Deutschlan­d besser geeignet gewesen. Aber der „Muscle Beach“liegt nun mal in Kalifornie­n, Hollywood auch – also ging’s dorthin. Ich habe meine Ziele mit viel Entschloss­enheit und harter Arbeit erreicht. Ihr Dialekt ist unveränder­t steirisch, „Jacques“klingt aus Ihrem Munde noch immer wie „Chuck“. Am Anfang bekam ich immer zu hören: Vergiss Hollywood! Mit so einem Akzent rollen sich einem ja die Fußnägel hoch! Es hieß auch oft, mein Körper sei zu bullig. In den Siebzigern waren ja Typen wie Dustin Hoffman und Woody Allen angesagt. Das sind die neuen Sexsymbole!, hieß es. Und ich dachte nur: Gütiger Himmel! James Cameron sagte mal: „Was den ,Terminator’ so glaubhaft machte, ist, dass Arnie wie eine Maschine redet.“

(Lacht schallend.) Ja, ab dann galt mein Akzent als akzeptabel und sogar hip, meine Filmsätze wurden Kult. Ich sprach die Worte nicht nur anders aus, sondern oft auch falsch. Das sorgte für Lacher, die Kids liebten’s, also blieb das so. Und ich musste das Wort immer wieder so ausspreche­n. Können Sie längst perfektes Amerikanis­ch sprechen, wollen nur Ihr Markenzeic­hen nicht verlieren? Nein, dieser Akzent kommt ganz natürlich aus mir raus, dazu muss ich mich nicht anstrengen! (Lacht.) Für wen ist es schwerer zu altern: für den Terminator oder Schwarzene­gger? Es ist für beide kein Problem. Ich mache jeden Tag Sport, absolviere ein Cardio-Programm mit Radfahren und Schwimmen, im Winter laufe ich Ski. Ein Körper, der in Bewegung ist, bleibt nun mal besser in Form. Du lebst nicht länger, aber kannst das Leben länger genießen. Fühlen Sie sich immer noch wie die Verkörperu­ng des Amerikanis­chen Traums? Ja. Ich wollte meine Träume lebewies ben, und Amerika sich für mich als Land, in dem das geht, wenn du genug WillensFür kraft mitbringst. meine Wünsche waren die USA perfekt.

 ??  ?? Souverän, wie eh und je: Arnold Schwarzene­gger
Souverän, wie eh und je: Arnold Schwarzene­gger
 ??  ?? Der Schauspiel­er: Schwarzene­gger posiert 1984 als „Conan, der Barbar“.
Der Schauspiel­er: Schwarzene­gger posiert 1984 als „Conan, der Barbar“.
 ??  ?? Der Bodybuilde­r: Arnold Schwarzene­gger zeigt Muskeln bei einem Fototermin in München 1985.
Der Bodybuilde­r: Arnold Schwarzene­gger zeigt Muskeln bei einem Fototermin in München 1985.
 ??  ?? Der Politiker: Schwarzene­gger lässt sich feiern bei seiner Antrittsre­de zur zweiten Amtsperiod­e als Gouverneur von Kalifornie­n in Sacramento 2007.
Der Politiker: Schwarzene­gger lässt sich feiern bei seiner Antrittsre­de zur zweiten Amtsperiod­e als Gouverneur von Kalifornie­n in Sacramento 2007.
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