Hamburger Morgenpost

Trauer um Jeanne Moreau

Als „Femme fatale“hat sie in vielen Filmen fasziniert. Die französisc­he Diva starb mit 89 Jahren in Paris

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– Liebeshung­rig, rachsüchti­g, unnahbar, verletzlic­h – Jeanne Moreau wusste jedes Register zu ziehen. In gut 120 Filmen überrascht­e sie mit ihrer Verwandlun­gsfähigkei­t. Jetzt ist die Diva im Alter von 89 Jahren in Paris gestorben.

„Ich lebe in den Filmen, in denen ich spiele. Die Rollen bewohnen mich“, erklärte Moreau ihre Karriere. Doch nicht nur als Schauspiel­erin fasziniert­e sie; mit ihrer rauchigen Stimme, den vollen Lippen, den melancholi­schen Mundwinkel­n war sie der Schwarm einer ganzen Männergene­ration.

Moreau spielte mit Hingabe - unvergessl­ich in „Fahrstuhl zum Schafott“von Louis Malle. Der Krimi, in dem sie ihren Ehemann beseitigt, brachte ihr den Durchbruch als Filmschaus­pielerin. Malle hatte Moreau im Theater entdeckt, dort war die grazile Pariserin bereits ein Star. Mit 20 Jahren schon hatte die ehrwürdige Comédie française sie aufgenomme­n. Internatio­nal berühmt machte sie 1962 François Truffaut. In seiner Dreiecksge­schichte „Jules und Jim“spielt sie grandios die Catherine, eine Frau, die zwei Männer liebt.

Moreau drehte mit allen großen Regisseure­n, mit Michelange­lo Antonioni, Orson Welles, Rainer Werner Fassbinder bis hin zu Wim Wenders.

Ihre Verwandlun­gsfähigkei­t hat alle fasziniert. „Sie ist eine Frau, die sich einer Unzahl von Hinderniss­en gegenüber sieht und sie überwindet, indem sie all ihre Fähigkeite­n einsetzt“, schwärmte Regisseur Joseph Losey. Der US-Amerikaner drehte mit ihr „Eva“, eine ihrer gewagteste­n Rollen: eine anspruchsv­olle verheirate­te Prostituie­rte, der ein Schriftste­ller sexuell verfällt.

Moreau spielte alles, sie war verführeri­sch, unabhängig, lebensfroh, verletzlic­h, gerissen und heimtückis­ch. Am meisten haftete ihr jedoch das Klischee der „Femme fatale“an. Ihr breitgefäc­hertes Repertoire offenbart ihr Talent, aber auch einen ihrer wichtigste­n Charakterz­üge: ihre Unabhängig­keit. „Ich lebe auf meine Weise, ich bin unabhängig (...)“. Und so wechselte die Tochter eines französisc­hen Gastronome­n und einer britischen Tänzerin 1976 das Metier und feierte mit „Lumière“ihr Regie-Debüt, einem Drama, das die Lebensgesc­hichten von vier Freundinne­n erzählt.

Moreau hatte sich nie auf vorgeschri­ebenen Bahnen bewegt, auch privat nicht. Sie war zweimal verheirate­t, hatte viele Liebhaber. Sie habe viele Männer verführt, sich stets von Männern mit Talent angezogen gefühlt, sagte sie einst. Denn das Wichtigste im Leben sei – zu leben.

 ??  ?? Jeanne Moreau konnte sich ein Leben ohne die Schauspiel­erei nicht vorstellen: „Ich höre erst auf, wenn ich tot bin“, sagte sie einst.
Jeanne Moreau konnte sich ein Leben ohne die Schauspiel­erei nicht vorstellen: „Ich höre erst auf, wenn ich tot bin“, sagte sie einst.
 ??  ?? In der Western-Komödie „Viva Maria!“spielten Jeanne Moreau (r.) und Brigitte Bardot ein explosives Duo.
In der Western-Komödie „Viva Maria!“spielten Jeanne Moreau (r.) und Brigitte Bardot ein explosives Duo.
 ??  ?? Ihr internatio­naler Durchbruch: Im Film „Jules und Jim“von 1962 liebte Moreau als Catherine zwei Männer.
Ihr internatio­naler Durchbruch: Im Film „Jules und Jim“von 1962 liebte Moreau als Catherine zwei Männer.

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