Wie der ukrainische Riese Jung wurde zum Hamburger
Als hoch talentierter Nachwuchs-Boxer kam Klitschko in die Hansestadt – inzwischen ist sie seine Heimat
Er dominierte das Schwergewichtsboxen in den vergangenen Jahren fast bis zur Langeweile. Jetzt tritt einer der größten Boxer aller Zeiten ab. Die MOPO gibt einen Rückblick auf eine einzigartige Karriere, die Wladimir Klitschko (41) von seiner Geburtsstadt Semei (heute in Kasachstan) in seine Wahl-Heimat Hamburg führte.
Als Wladimir Klitschko als erster weißer Boxer 1996 in Atlanta die Goldmedaille im Superschwergewicht gewann, war dies der Türöffner zu einer unvergleichlichen Profi-Laufbahn. Viele Boxpromoter hatten damals ein Auge auf ihn geworfen.
Im August 1996 besuchte der ukrainische Riese (1,98 Meter Körpergröße) gemeinsam mit Bruder Vitali erstmals Hamburg. „Unser späterer Promoter Klaus-Peter Kohl hatte uns zum Kampf von Dariusz Michalczewski gegen Graciano Rocchigiani am Millerntor eingeladen. Vorher haben wir eine Bootstour durch die Speicherstadt gemacht. Ich war begeistert“, erinnerte sich Wladimir mal gegenüber der MOPO. Im November des gleichen Jahres zogen die Brüder gemeinsam in den hohen Norden. Die inzwischen verstorbene Trainer-Legende Fritz Sdunek (✝ 67) leitete das erste Training. „Er war wütend auf uns, weil wir unpünktlich waren“, sagt „Dr. Steelhammer“: „Fritz hat uns schnell die deutsche Tugend Pünktlichkeit beigebracht.“In der Nähe des Gyms in Wandsbek teilte er sich mit Vitali eine kleine Mietwohnung. Doch die war eigentlich überflüssig. Das Gym war ihr Zuhause. Als es dann im November 1996 zum ersten Profikampf in der Wandsbeker Sporthalle vor 600 Zuschauern kam (K.o.-Sieg in Runde eins gegen Fabian Meza), war dies der Auftakt einer unglaublichen Karriere.
Zeit für seine Lieblingsstadt Hamburg hatte er trotz seines vollen Terminkalenders dabei immer: „Wenn ich heute durch Hamburg fahre, erzählt fast jede Straße eine Geschichte von mir. Und ich entdecke immer wieder neue Dinge.“Was fasziniert den 41-Jährigen besonders an seiner WahlHeimat? „Hamburg ist das Tor zur Welt. Wenn ich mit Freunden in einem Lokal an der Elbe in der Sonne sitze, kann es passieren, dass es plötzlich dunkel wird, weil ein riesiges Schiff in den Hafen fährt. Das ist spektakulär.“Sein Lieblingsplatz ist übrigens der Grieche „Minas“in Wandsbek. In seiner Anfangszeit aß Klitschko dort fast zwei Mal täglich.
Jetzt hat er genügend Zeit für seine zweite Karriere. Hamburg wird er treu bleiben. Klitschko: „Ich habe hier Wurzeln geschlagen, viele Freunde und auch meine Firma. Ich fühle mich nicht als Ausländer, sondern als Hamburger. Das ist mein Wohnsitz – und wird es bleiben.“