Warum der Diesel-Gipfel ein Fehlschlag war
Die fünf größten Mängel. ADAC: Software-Update auch für Euro-4-Fahrzeuge
Berlin/München – Über drei Stunden dauerte der Diesel-Gipfel in Berlin. Wirklich zufrieden waren im Anschluss nur die Auto-Bosse. Umweltschützer und Auto-Experten sprachen überwiegend von einem Fehlschlag. Es fehlten eine Reihe von Kern-Beschlüssen, um den Gipfel zum Erfolg zu führen. Die MOPO sprach darüber mit dem ADAC-Technikchef Dr. Reinhard Kolke.
Das größte Manko: „Es fehlt immer noch ein wirkungsvoller Anreiz für ein intelligentes Verkehrsmanagement in den Innenstädten“, klagt der ADAC. „Dabei liegt hier ein großer Hebel zur Stickoxid-Vermeidung“, so Kolke.
Fehlende Garantien: Mindestens 30 Prozent N0x-Vermeidung soll das Software-Update für 5,3 Millionen Euro-5- und Euro-6-Fahrzeuge bringen. Ist das zu schaffen? Beim ADAC geht man eher von realistischen zehn Prozent aus. Das dürfte zur Abwendung von Fahrverboten vor Gericht kaum ausreichen. Kolke sieht noch ein anderes Problem: „Bisher fehlt eine Garantie der Hersteller für die eingebauten Teile, für die Einhaltung der Verbrauchswerte und bei Langzeitschäden am Motor.“Echte Nachrüstung per Harnstoff-Einspritzung: Bei diesem heiklen Thema haben sich die Hersteller komplett verweigert. Lediglich eine Arbeitsgruppe soll über den Einbau einer Harnstoff-Einspritzung (AdBlue-Technik, heute schon in vielen Lkw) beraten. Dabei ist der Prototyp der Firma Twintec bereits durchgetestet. „Er besteht aus Standard-Bauteilen für rund 1500 Euro plus Einbau und wäre schnell am Markt v rfügbar. Unsere Tests an diesem Prototyp haben ergediese ben, dass Nachrüstung den Stickoxid-Ausstoß um 90 Prozent sinken lässt.“Der ADAC ist deshalb für den Einbau in Euro-5Diesel. Kolke: „Dabei muss klar sein, dass die Autofahrer dafür nicht belangt werden. Sie sind ja nicht die Verursacher.“Keine Lösung für Euro-4-Diesel: Damit will sich der ADAC nicht zufriedengeben. Kolke: „Es handelt sich um 4,3 Millionen Fahrzeuge, das sind 29 Prozent aller Diesel. Wir erwarten, dass die Hersteller sich ernsthaft mit der Frage befassen, ob auch hier ein Software-Update möglich ist.“Für Euro-2- und 3-Fahrzeuge käme ein Update dagegen nicht infrage. ➤ Probleme bei Euro 6: Auch beim modernsten Diesel halten viele Fahrzeuge die NOx-Norm nur auf dem Prüfstand ein. „Ab September wird es ernst, dann muss der Wert von höchstens 80 Milligramm NOx auch bei Messungen auf der Straße eingehalten werden“, schildert Kolke. Der ADAC fordert Nachbesserungen für alle Fahrzeuge, die dabei durchfallen, und rät Diesel-Interessenten vorerst beim Kauf abzuwarten. „Nur bei neuen Euro-6d-Fahrzeugen kann der Autokäufer wirklich sicher sein, dass sie die Messung auf der Straße bestehen“, so Kolke. Der ADAC hält aber am Diesel als Brückentechnologie fest. „Er ist klimafreundlicher, hat große Vorteile beim Kohlendioxid, der Verbrauch liegt 15 bis 20 Prozent unter dem Benziner“, so Kolke. Nötig sei nun ein neuer Gipfel, der sich mit der Mobilität bis zur Mitte des Jahrhunderts beschäftige. Kolke: „Wir sind da technologieneutral: Ob Autogas, Elektro, Brennstoffzelle, Hauptsache nachhaltig und emissionsarm.“