War Ahmad A. vor der Hamas geflohen?
Messerattentäter von Barmbek lebte laut ARD-Recherche bis 2007 im Gazastreifen
Die tödliche Messer-Attacke von Barmbek hat Hamburg erschüttert. Behördenunterlagen legen jetzt nahe, dass Ahmad A. (26) bis kurz vor seiner Tat wohl nicht radikalisiert war. Nach ARDRecherchen von „Report München“könnte die Bedrohung durch die islamistische Hamas sogar Fluchtgrund gewesen sein. Auftakt zu einer Odyssee des Palästinensers durch Europa.
Interne Behördenvermerke vom Sommer 2015 liefern neue Erkenntnisse zur Person des Messerattentäters Ahmad A. ARD-Recherchen zu Aussagen des Asylbewerbers gegenüber den Behörden legen nahe, dass er bis vor der Tat wohl keine islamistische Gesinnung hatte.
So behauptete der 1991 geborene Palästinenser, er habe in seinem damaligen Wohnort im Gazastreifen 2007 nach der Machtübernahme der radikalislamistischen Hamas mehrere „Vorladungen“
der Terrororganisation erhalten. Im Anschluss habe er Angst gehabt und sei geflohen.
Er selbst habe mit der eher gemäßigten Fatah-Bewegung sympathisiert, wird A. in den Akten zitiert. Die Organisation ist Gesprächsund Verhandlungspartner des Westens. Ahmad A. gab an, während seiner Schulzeit Veranstaltungen einer Jugendunion besucht zu haben, die zur Fatah gehört.
Auch sein Bruder soll zwei Vorladungen der Hamas erhalten haben und sei anschließend nach Schweden geflohen, wo er Asyl erhalten haben soll.
Allem Anschein nach war die Familie nicht arm: Sie habe lange in SaudiArabien gelebt, wo er seinen eigenen Angaben zufolge auch zur Welt gekommen sei. Ein Widerspruch zu bisherigen Erkenntnissen, laut denen A. in den Vereinigen Arabischen Emiraten geboren wurde.
Bereits nach seinem Abitur 2008 verließ er den Gazastreifen und reiste mit Hilfe eines Schleppers nach Ägypten, anschließend flog er in die Türkei. Von dort sei er über Griechenland nach Norwegen gereist, stellte dort 2009 einen Asylantrag, der aber abgelehnt wurde.
2013 stellte er in Schweden einen erneuten Asylantrag. Ahmad A. (26, l.) hat vergangenen Freitag Mathias P. (50) in einem Supermarkt erstochen und weitere Menschen verletzt. Doch Schweden schob Ahmad A. fristgerecht unter Bezug auf das Dublin-Verfahren nach Norwegen ab. Im Oktober 2013 reiste er offenbar nach Spanien weiter, um auch dort einen Asylantrag zu stellen. Etwa acht Monate später sollen die Spanier ihm seine Dokumente abgenommen und ihn angewiesen haben, nach Norwegen zurückzukehren. Daraufhin habe Ahmad A. im August 2014 einen erneuten Antrag in Norwegen gestellt. Den Dokumenten zufolge lehnten die norwegischen Behörden den Antrag wieder ab.
Ahmad A. stellte anschließend im Mai 2015 in Deutschland einen Asylantrag. Eine Rückführung nach Norwegen scheiterte, weil die deutschen Behörden den Antrag einen Tag zu spät stellten. Mit dieser Fristverletzung ging auch die Verantwortung für die Durchführung des Asylverfahrens von Ahmad A. an die deutschen Behörden über.