Ein ganzes Dorf Wahn
75 000 feierwütige Rock-Fans machen das beschauliche Wacken wieder zur knallharten Party-Meile
Wenn sich auf dem größten Metal-Festival der Welt 75000 Feierwütige treffen, dann ist auch im namensgebenden Dorf so richtig was los. Die MOPO war dabei – beim Wahnsinn von Wacken.
Auf der Zufahrtsstraße zum Festivalgelände stehen dicht gedrängt Bier- und Essenstände. In zahlreichen Gärten stehen Bierbänke unter Pavillons, es wird Bier ausgeschenkt und Kuchen verkauft. Auch der Einzelhandel hat sich auf den Ansturm eingestellt: Der Bäcker verkauft „Wacken“Brot, im Supermarkt stapelt sich palettenweise Dosenbier.
Zwischenzeitlich können Bierfreunde auch auf lokalen Gerstensaft zurückgreifen. Direkt an der WackenBrauerei, die nichts mit dem Festival zu tun hat, gibt es seit 2016 zahlreiche Sorten Craft-Beer zu verkosten. Vertriebsleiter Marc Offermann (45) hat festgestellt: „Dem Metaller ist es egal, ob ein Bier kaltgehopft ist – Hauptsache es schmeckt!“
Und das tut es auch direkt vor dem Supermarkt: So machen es Sascha (23), Marv (26), Milan (24) aus Düsseldorf, Daniela (47) aus Bad Breisig und Michael (45) aus Mönchengladbach: Eigentlich wollten sie für ihre Reisegruppe Essen kaufen – aber manchmal muss man eben Prioritäten setzen.
Für das Ehepaar Herbst ist es auch Pflicht zu schauen, was da in ihrem beschaulichen Dorf vor sich geht. Wobei: In den vergangenen 27 Jahren sei nie etwas Schlimmes passiert, sagen sie. Täglich spaziert das Paar über die Hauptstraße, denn das ist für Frau Herbst „ein wahres Spektakel“. Aufs Gelände geht Herr Herbst dieses Jahr aber nicht, denn: „Motörhead kommen ja leider nicht mehr.“
Bei „Wacken-Tattoo“kann man sich ein bleibendes Souvenir besorgen. Das hat Miranda aus der Schweiz gemacht. Zum fünften Besuch ließ sie sich – was auch sonst – den „Wacken“-Schädel stechen. Schon Wochen im Voraus sind die Termine ausgebucht, berichtet Michi (36), Mitarbeiterin des Studios.
Viel auf der Haut gibt es bei Rafaela (59) und HansUlrich (67). Das Paar kommt schon zum sechsten Mal aus Fürstenwalde und hat ein Faible für Verkleidungen. Geschminkt und aufgetakelt wie die Hardrock-Band Kiss stehen sie auf der Zufahrtsstraße zum Festival und kommen gerne jedem Fotowunsch nach. Einen Nachteil hat das Kostüm aber: „Schau dir mal die Hacken meiner Schuhe an, damit kann ich nicht aufs Festival“, klagt Hans-Ulrich.
Wenn am Sonntag der Abreisetag anbricht und die Blechkarawane Richtung Autobahn rollt, ist klar: Auch im nächsten Jahr werden die Wackener wieder die höllischen Heerscharen willkommen heißen – und sich dem Metal-Wahnsinn hingeben.