Exzentrisches Genie
„Final Portrait“: Geoffrey Rush brilliert als Künstler Alberto Giacometti
US-Autor James Lord (Armie Hammer), der sich 1964 kurz in Paris aufhält, fühlt sich geschmeichelt, als ihn sein alter Freund Alberto Giacometti (Geoffrey Rush) porträtieren will. Maximal einen Nachmittag soll er ihm Modell sitzen. Doch kaum hat der Künstler zu malen angefangen, hört er wieder auf. Ist halt nicht sein Tag.
Zu Lords Leidwesen sind es die folgenden Tage irgendwie auch nicht. Immer wieder bricht Giacometti eine Sitzung ab oder überpinselt bereits Begonnenes. Er kann sich schlecht konzentrieren. Mal streitet er sich mit seiner Frau Annette (Sylvie Testud), mal poussiert er mit seiner Muse und Geliebten, der Prostituierten Caroline (Clémence Poésy). Oder ihm kommt etwas anderes dazwischen. Ein ums andere Mal bucht Lord seinen Rückf ug um – bis ihm Giacomettis Bruder und Assistent Diego (Tony Shalhoub) steckt, wie es mit dem Porträt doch noch klappen könnte …
Es hat schließlich tatsächlich geklappt. 1965 veröffentlichte James Lord seine Erinnerungen an diese Begegnung. Die wiederum dienten Stanley Tucci als Grundlage für sein Porträt des Schweizer Malers und Bildhauers Alberto Giacometti (1901-1966), der vor allem für seine superschlanken Statuen berühmt ist. Der vorrangig als Schauspieler („Die Tribute von Panem“) bekannte Regisseur bedient besonders die Vorstellung vom Künstler als exzentrischem Genie. Über dessen Schaffensprozess erfährt man wenig Konkretes. Dafür immerhin einiges über die Bedingungen, unter denen er überhaupt kreativ tätig sein konnte, sowie über seine Persönlichkeit. Giacometti war wohl ein ruppiger Mensch, der eigentümlich viel schimpfte, an sich und seinem Werk oft zweifelte und sich aus Geld wenig machte. Dieses Bild von ihm bleibt jedenfalls beim Zuschauer hängen.
Ein Künstlerporträt, das längst nicht alle Fragen beantwortet, aus seiner Beschränkung auf 18 Tage im Leben Giacomettis jedoch einiges herausholt.