Andreas Dorau: Freundliche Systemkritik
Der Songwriter (53) bezirzte Kampnagel
Von KATJA SCHWEMMERS
Seinen NDW-Hit „Fred vom Jupiter“spielt Andreas Dorau (53) am späten Mittwochabend bei seiner Albumpremiere zum Auftakt des Kampnagel Sommerfestivals natürlich nicht. Warum auch? Er hat mit seinem neuen Werk „Die Liebe und der Ärger der Anderen“einen Haufen neuer Hits geschrieben und ist endlich wieder in den Charts.
Aber hat er auch seine Hausaufgaben in Sachen Textlernen gemacht? Auf einem Holzstuhl auf der Bühne liegt ein Aktenordner mit Textblättern, in dem er zwischendurch immer mal wieder herumblättert.
Ansonsten macht sich Dorau locker, prostet dem Publikum mit dem Weizenglas zu und tanzt breitbeinig, aus der Hüfte heraus, zu den eingängigen Beats seines so herrlich betexteten Liedguts. Unterstützt von einem Drummer und einem Mann an den Computertasten singt er über „Liebe in Dosen“und über „Fli-FliFla-Fla-Flaschenpfand“mit viel Bababa und Lalala.
Mit „Demokratie“übt Dorau freundlich Systemkritik – hinter ihm flimmern Bilder von Kohl, Brandt und Schmidt über die Leinwand. Als er seine Neunziger-Hits „Girls In Love“und „So ist das nun mal“ausgräbt, beschwingt das nicht nur die Dorau-Ultras in der ersten Reihe bis zur Ekstase.
„Imitier mich“bittet er in der Zugabe, aber da tanzen eh schon alle. Nach einer guten Stunde ist das Weizenglas leer, der Aktenordner zugeklappt. Und Dorau bekommt eine Eins mit Sternchen.
Spätestens bei der Zugabe tanzen alle Zuschauer.