Schlepper stoßen Flüchtlinge ins Meer
Zwei schockierende Fälle binnen 24 Stunden vor Jemens Küste. Viele der Opfer sind Jugendliche und Kinder
Sanaa – Zwei neue Fälle unfassbarer, skrupelloser Schleppergeschäfte erschüttern die Welt. Binnen 24 Stunden haben Schlepper vor der Küste des Jemens zahlreiche Migranten aus Somalia und Äthiopien ertrinken lassen.
Beim jüngsten Vorfall wurden nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) bis zu 180 Menschen ins Wasser gestoßen. Mindestens sechs Menschen starben, zahlreiche weitere werden vermisst.
Nur wenige Stunden zuvor hatte der Fahrer eines anderen Flüchtlingsbootes mehr als 120 Menschen gezwungen, ins Wasser zu springen – obwohl viele nicht schwimmen können. Mindestens 29 Flüchtlinge ertranken, es gab auch hier noch viele Vermisste.
Mitarbeiter der IOM entdeckten kurz nach der Tragödie die 29 Leichen am Strand. Die Toten waren notdürftig in flachen Gräbern im Sand verscharrt worden, von anderen Flüchtlingen, die auf dem Boot waren und überlebt hatten. Einige dieser Überlebenden waren noch vor Ort, an der Küste in der südlichen jemenitischen Provinz Schabwa, als die IOM-Mitarbeiter dort eintrafen. „Sie berichteten unseren Kollegen, dass der Schmuggler sie ins Meer gestoßen hat, als er ,Behördenpersonen’ an der Küste sah“, erklärt Laurent de Boeck, Leiter der IOM-Mission im Jemen. Offenbar befürchtete der Schlepper, beim Erreichen der Küste aufgegriffen zu werden.
Die Überlebenden berichteten weiter, er habe sich umgehend auf den Rückweg nach Somalia gemacht, um weitere Migranten an die jemenitische Küste zu bringen. „Schockierend und menschenverachtend“sei die Tat, so Laurent de Boeck.
Nach Einschätzung der IOM waren die Flüchtlinge auf dem Boot im Schnitt 16 Jahre alt. Unter den Toten und Vermissten sind viele Kinder. Obwohl im Jemen seit 2014 ein Bürgerkrieg wütet, kamen seit Jahresbeginn rund 55 000 Menschen vom Horn von Afrika ins Land.
Viele von ihnen hoffen auf Arbeit in den wohlhabenden Golfstaaten.