Seelenbalsam für Bieder männer Männer
Heimfeld AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland machte Wahlkampf in Hamburg. Eine Reportage
Von MIKE SCHLINK
Der Mann mit der Hundekrawatte hatte gerufen und die AfD-Fans kamen. Mehrere Hundert Anhänger der Rechtspopulisten besuchten am Sonntagabend den Wahlkampfauftritt von Alexander Gauland (76) in der Friedrich-Ebert-Halle in Heimfeld. Es gab die zu erwartenden Dampfhammer-Parolen – und viel Applaus von grimmig dreinblickenden alten Männern.
Doch zunächst wartet ein Spießrutenlauf auf die AfDler. 250 Demonstranten wollen die Veranstaltung stören.
„Nazis blockieren“steht auf einem Protest-Banner, von einem Wagen dröhnt laute Musik. Gehweg und Friedrich-Ebert-Gymnasium sind übersät mit Parolen aus Kreide: „Lieber Gutmensch als Arschloch“oder „Fuck AfD“steht da. Wer zu Gauland will, muss mitten durch den Protest, der mit Polizeikräften und Absperrgittern von der Friedrich-Ebert-Halle ferngehalten wird.
Doch als AfDler ist man solche Szenen gewohnt. Die Besucher, meist ältere Männer mit lichtem Haar, bahnen sich den Weg zum Gebäude – mit erhobenem Haupt, trotzigem Blick und versteinerter Miene. Erst nach der Einlass-Kontrolle – videoüberwacht und von martialisch anmutender Security gesichert – lockert die Stimmung auf. Endlich ist man unter sich. Man nickt sich zu, Schultern werden geklopft. Die Männer, gut bürgerlich in Hemd und Anzug gekleidet, besorgen sich und den wenigen weiblichen Begleitungen schnell noch etwas zu trinken. Kaum ist das Bier geöffnet, da ist er da: Alexander Gauland, AfD-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl.
Gemeinsam mit Hamburgs AfD-Chef Bernd Baumann und zwei weiteren Politikern betritt der 76-Jährige unter dem Jubel der Anhänger die Bühne. Die Reihen sind zwar nur zu einem Drittel gefüllt, laut AfD sind 500 Menschen gekommen. „Trotz des Protests da draußen und obwohl wir hier am Rande Hamburgs tagen müssen, weil uns sonst niemand mehr Räume zur Verfügung stellen will“, sagt Baumann zur Einleitung, ehe Gauland das Mikro übernimmt – und zum Rundumschlag ansetzt.
Da wird anlässlich G20 der lasche Umgang mit dem „linken Terror“kritisiert, Sanktionen gegen Russland wegen der Annexion der Krim werden verurteilt und natürlich wird Stimmung gegen Migranten gemacht. Das Asylrecht verkomme zum „Einwanderungsrecht ins Sozialsystem“, die Kriminalitätsrate steige, die Altparteien verlören komplett die Kontrolle. Hilfsorganisationen bezeichnet Gauland als Schleuser und auch der AfD-Lieblingssatz darf nicht fehlen: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“
Es ist ein durch und durch düsteres Bild, das der AfD-
Die Besucher, meist ältere Männer mit lichtem Haar, bahnen sich den Weg.
Kandidat von Deutschland malt. Und es ist eines, in dem für Versöhnlichkeit kein Platz ist. Das Publikum: begeistert. Applaus im Minuten-Takt, Dauer-Nicken und grimmig entschlossene Blicke. Die Botschaft ist: Hier geht’s um alles.
Die Anwesenden sind überzeugt. Nun gilt es, andere für das Ziel Bundestag zu gewinnen. Gauland fordert die Zuhörer auf, Verwandte und Freunde für die gemeinsame Sache zu begeistern. „Der Wahlkampf wird hart, viele wollen verhindern, dass wir in den Bundestag kommen. Ihr müsst Mut haben, den Kampf durchzustehen“, sagt er.
Mit stehenden Ovationen feiern die AfDler ihren Helden in Tweed.
Endlich mal unter sich. Endlich kräht mal keiner dazwischen. Es wirkt, als kosteten sie es aus, sich mal unbeschwert über all das auszutauschen, was liberalen Gemütern ein Graus ist.
Doch die Unbeschwertheit währt nicht lang. Die Security lässt zunächst niemanden raus. Nur gemeinsam sollen die AfDAnhänger das Gebäude am Ende verlassen – aus Sicherheitsgründen.
Und da wird sie wieder dunkel, die Welt der AfDler.
„Ihr müsst Mut haben, den Kampf durchzustehen“Alexander Gauland, AfD