... das FBI Hitlers A Agenten schnappte
29.6.1941 Aufgebaut und gelenkt wurde der „Spionagering Duquesne“von Hamburg aus
Mit der Verhaftung von 33 deutschen Agenten endet am 29. Juni 1941 einer der spektakulärsten Spionagefälle der US-Geschichte. Jahrelang hat der sogenannte „Duquesne-Spionagering“Sabotageakte verübt, Militärbewegungen ausgekundschaftet und streng geheime US-Technologie für die Nazis abgeschöpft. Geführt wurden die Operationen nicht etwa aus Berlin, sondern aus der heimlichen deutschen Spionagehauptstadt: Hamburg!
Zwei Gebäude, die Agenten-Geschichte geschrieben haben, stehen noch: Da ist zum einen das einstige Generalkommando des Wehrkreises X, Sophienterrasse 14. Hier befindet sich ab 1937 die „Abwehrstelle Hamburg“, wo auch deren bester Agent sein Büro hat: Oberstleutnant Nikolaus Ritter.
Weit im Norden Hamburgs, in Wohldorf, gibt es dann noch den Neuen Kupferhof, eine Villa im Grünen, die ab 1939 als Funkbetriebsstelle dient: Rund um die Uhr arbeiten dort Funker und halten Kontakt zu rund 150 deutschen Spionen, die sich – getarnt als Geschäftsleute, Schiffskommandanten, Zimmermädchen oder Sekretärinnen – in den USA, in Südamerika und Großbritannien aufhalten.
Top-Agent Ritter verfügt über eine kaufmännische Ausbildung und hat nach dem Ersten Weltkrieg in den USA gelebt. So fällt es ihm 1937 nicht schwer, glaubwürdig in die Rolle eines Handelsvertreters zu schlüpfen, der in den Staaten Geschäfte machen will.
Sein wahres Ziel jedoch: Er will Agenten anwerben. Und er hat Erfolg: Er trifft auf Hermann W. Lang, einen gebürtigen Deutschen, der seit 1927 in den USA lebt. Der arbeitet beim Rüstungsunternehmen Carl L. Norden in New York an einem streng geheimen Projekt: einem Bombenzielgerät, das dafür sorgen soll, vom Flugzeug abgeworfene Bomben präzise ins Ziel zu bringen. Lang kopiert die Baupläne – und an Bord eines Passagierschiffs bringt ein ebenfalls für den Geheimdienst tätiger Steward sie nach Deutschland.
Es handelt sich um einen der größten Erfolge der deutschen Auslandsspionage im Zweiten Weltkrieg, denn die Luftwaffe bekommt dadurch einen großen Vorsprung. Deutsche Bomberpiloten verfügen über das Zielgerät nämlich schon, als es die US-Air-Force noch erprobt …
Auf seiner Reise durch die USA nimmt Ritter in New York Kontakt zu Fritz Duquesne auf, einem Südafrikaner, der die Briten hasst und sich deshalb dem deutschen Geheimdienst zur Verfügung stellt. Duquesne schart in Ritters Auftrag etliche Agenten um sich, nahezu ausschließlich deutschstämmige Einwanderer, von denen jeder eine andere Aufgabe zu erfüllen hat: Der eine überwacht den britischen Schiffsverkehr in US-Häfen, der nächste versucht, Rüstungstechnologie zu rauben, wieder andere dienen als Umleitstelle für Agentenpost …
Im Februar 1939 unterläuft Ritter ein folgenschwerer Fehler: William Sebold, der seit 1921 in den USA lebt und als Flugzeug-Ingenieur arbeitet, will seine Mutter in Mülheim an der Ruhr besuchen, reist nach Deutschland und wird nach seiner Ankunft von der Gestapo festgehalten. Aus Angst, die Nazis könnten sich sonst an seiner Familie rächen, lässt er sich von Ritter als Spion anwerben.
Sebold muss sich einem Agentenlehrgang unterziehen. In der Spionageschule in der „Pension Klopstock“an der Klopstockstraße wird ihm beigebracht, wie er mit unsichtbarer Tinte und Mikrofotografie umzugehen hat, wie ein Agentenfunkgerät betrieben wird und wie er Beschatter erkennt und abschüttelt.
Danach kehrt er in die USA zurück, mietet in New York Räumlichkeiten an, die er als Ingenieur-Büro tarnt, die jedoch als geheimer Treffpunkt für Spione dienen. Was auf deutscher Seite niemand ahnt: Seebold ist ein Doppelagent, hat sich längst den US-Behörden offenbart und wird auf Schritt und Tritt vom FBI überwacht.
Zwei Jahre lang merkt niemand etwas, bis am 29. Juni 1941 – ein halbes Jahr, bevor die Japaner Pearl Harbour überfallen und die USA in den Krieg eintreten – das FBI alle Mitglieder des Spionagerings festnimmt. Die 33 Täter werden zu Gefängnisstrafen von insgesamt 300 Jahren verurteilt. 1945 verfilmt Hollywood die Geschichte. „Das Haus in der 92. Straße“heißt der Streifen.
Spionagechef Nikolaus Ritter wird übrigens nach dem Krieg Geschäftsmann. Längst Rentner, veröffentlicht er 1972 seine Memoiren: „Deckname Rantzau“lautet der Titel. Der James Bond der Hansestadt stirbt 1974 im Alter von 75 Jahren.