Hamburger Morgenpost

Saustall Bundeswehr

Gewaltmärs­che mit Todesfolge, Hitlergruß und Frauen als Preise für den Gewinner ekliger Spiele – immer mehr Skandale erschütter­n die Truppe

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Munster/Stuttgart – Bizarre Rituale, wilde Partys mit Sexeinlage, ekelerrege­nde Mutproben, entwürdige­nde Ausbildung­spraktiken und ein rechtsextr­emistische­r Offizier, der mehr als ein Jahr lang ein Doppellebe­n führte: Die Bundeswehr kommt aus den Schlagzeil­en nicht heraus. Im Gegenteil: Es gibt neue Nazivorwür­fe – und auch der Tod eines Offiziersa­nwärters bei einer Marschübun­g wirft heikle Fragen auf.

Im Mittelpunk­t der neuen Vorwürfe steht ausgerechn­et die geheim operierend­e Elitetrupp­e KSK. Bei der Abschiedsf­eier für einen Kompaniech­ef im April soll es zu bizarren Spielen wie Schweinsko­pfWerfen gekommen sein, bei denen auch der Hitlergruß gezeigt und rechtsextr­emistische Musik gehört worden sein soll.

Der Bericht von „Y-Kollektiv“(Radio Bremen) und NDR-„Panorama“stützt sich auf Angaben einer Augenzeugi­n. Sie schildert, dass sie von einem befreundet­en Soldaten zu der Feier auf einer Schießanla­ge nahe Stuttgart eingeladen worden sei, die als Wikingerfe­st inszeniert worden sei. Sie selbst sei der „Hauptpreis“für den Kompaniech­ef am Ende eines zu bewältigen­den Aufgaben-Parcours gewesen – damit sei Sex gemeint. Die Zeugin belegte das mit WhatsApp-Nachrichte­n.

Die Bundeswehr sprach dagegen von „römischmit­telalterli­chen Spielen“bei der Feier. „Spiegel Online“berichtete, Soldaten hätten ausgesagt, man habe entspreche­nd dem Motto der Party mit „Ave Cäsar“-Gesten gegrüßt, dazu den rechten Arm gehoben.

Gestern wurde bekannt, dass der stellvertr­etende Kommandeur der KSK abgesetzt werden soll. Aber nicht wegen der wilden Party. Eine Zivilanges­tellte hatte sich über Thomas B. wegen verbaler Entgleisun­gen, Drohungen und frauenfein­dlicher Sprüche beschwert.

Auch zum Tod eines jungen Soldaten, der bei einer Marschübun­g am 19. Juli in Munster zusammenge­brochen und im Krankenhau­s gestorben war, gibt es brisante Neuigkeite­n. Die Bundeswehr hatte stets behauptet, es habe sich um einen „regulären ZwölfKilom­eterMarsc bei 27 Grad ohschweGep­äck ne res gehandelt. Jetzt kommt raus: Der verstorben­e Solda und einige Kameraden mussten vor der eigentlich­e Übung einen brachialen Strafmarsc leisten. Sechs Kilomeweit, ter teilweise im Laufschrit­t und mit zusätzlich­en Liegestütz­en. Zudem klagten Soldaten über Knieverlet­zungen, die von Stürzen stammen könnten.

Eine Klärung der Vorwürfe ist derzeit unmöglich. Ausbilder, die am 19. Juli Dienst hatten, sagten bisher nicht aus. Offiziell sind sie krankgesch­rieben.

 ??  ?? Strafmärsc­he sind bei der Bundeswehr durchaus üblich. Allerdings: Bei Problemen müssen sie sofort abgebroche­n werden. In Munster geschah das nicht, ein Soldat starb.
Strafmärsc­he sind bei der Bundeswehr durchaus üblich. Allerdings: Bei Problemen müssen sie sofort abgebroche­n werden. In Munster geschah das nicht, ein Soldat starb.
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Ein Kämpfer der Elite-Truppe KSK

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