Viagogo, Ebay & Co: tun gegen die Ticket
Jährlich machen Schwarzhändler rund acht Milliarden Dollar Gewinn mit dem Weiterverkauf von Konzertkarten
Die Musikstadt Hamburg fiebert derzeit vor allem einem Event entgegen: Am 9. September spielen die Rolling Stones im Stadtpark. Wem jetzt erst einfällt, dass er dabei sein möchte, hat allerdings ein Problem: Die Giga-Show ist ausverkauft.
Kein Problem – auf Portalen wie Ebay oder Viagogo verkaufen doch verhinderte Fans noch Resttickets! Abgesehen davon, dass die aber mindestens 100 und mitunter auch mal 1850(!) Euro kosten, können Sie hier nicht sicher sein, dass Sie Original-Karten bekommen. Und Sie bescheren jemandem einen schönen Gewinn.
Die Veranstalter sind entsprechend sauer: Der sogenannte „Zweitmarkt“für Tickets versaut die Preise und verprellt die Konzertgänger. Nicht einzelne Privatverkäufer sind das Problem, sondern solche, die die Karte von Anfang an in der Absicht kaufen, damit Geld zu verdienen. Organisierte Gruppen von professionellen Weiterverkäufern kaufen große Kontingente und veräußern sie mit hohen Aufschlägen. Auch bei Elphi-Konzerten ist dies ein Problem. Weltweit machen Schwarzhändler rund acht Milliarden US-Dollar jährlich mit dem undurchsichtigen Geschäft. Ein Dorn im Auge der Veranstaltungsbranche ist besonders die VerkaufsPlattform Viagogo. Der Online-Marktplatz für Tickets stand schon vor Monaten wegen seiner Geschäftspraktiken in der Kritik. Die zum Teil irrsinnig hohen Gebühren, die die Plattform einstreicht, werden dem Kunden erst gegen Ende des Bestellvorganges angezeigt. „Ein sehr dubioser Laden“, urteilt Dr. Johannes Ulbricht, Justizides Bundesverbandes der Veranstaltungswirtschaft (BDV) in Hamburg. „Niemand weiß, wer die Verkäufer der Karten sind – Viagogo bezeichnet sich nur als Vermittler zwischen Anbietern und Käufern. Eine Reportage der BBC hat aber vor einiger Zeit recherchiert, dass Viagogo selbst Karten aufkauft und dann weiterverkauft.“
Noch weniger Kontrolle haben Käufer bei Ebay-Angeboten – oder bei Anbietern, die direkt vor dem Veranstaltungsort Karten veräußern. Auch der Hamburger Veranstalter Karsten Jahnke warnt: Es ist absolut möglich, viel Geld für ein gefälschtes Ticket auszugeben – und damit natürlich nicht ins Konzert zu kommen.
Aber was tun? „Es gibt verschiedene Lösungsansätze“, sagt Johannes Ulbricht. „Der beste ist die sogenannte harte Personalisierung von Tickets. Das heißt: Der Käufer gibt beim Kauf seinen Namen an, der aufs Ticket gedruckt und am Einlass kontrolliert wird. Viele befürchten, dass sich dadurch der Einlass in die Länge ziehen könnte. Aber auf der letzten MetallicaTour wurden die Tickets hart personalisiert, das hat gut geklappt.“
Ein anderer Lösungsansatz, der in der Live-Branche diskutiert wird, soll die Schwarzhändler auf Ebay und anderen Plattformen mit ihren eigenen Waffen schlagen. „Flexible Pricing“heißt die Methode, bei der ein Veranstalter die Tickets selbst versteigert. „Warum soll ich als Künstler meine Karten nicht an den Meistbietenden verkaufen?“, so Ulbricht.
Er schränkt allerdings
Der „Zweitmarkt“versaut Preise und verprellt Kunden.
ein, dass so etwas nur bei Künstlern mit entsprechend zahlungskräftiger Fan-Basis sinnvoll wäre. „Bei den Toten Hosen würde es die Atmosphäre kaputtmachen, wenn da nur noch Fans reinkämen, die 2000 Euro für ein Ticket bezahlen können.“
Musikfans bleiben nur wenige Optionen: Beim Kauf von begehrten Tickets schnell sein, um sie sicher im regulären Vorverkauf zu erstehen und den ProfiAufkäufern zuvorzukommen – oder auf dem Schwarzmarkt das Risiko einzugehen, zu Wucherpreisen gefälschte Karten zu erstehen. Im Wissen, mit dem Kauf auch noch die Ticket-Mafia unterstützt zu haben.