Wertvolle Erfahrung
Ältere Arbeitnehmer bringen Qualitäten mit, die die Kompetenzen der Jüngeren ergänzen
B esonders im Zuge des demographischen Wandels ist es offenbar wichtig, Unternehmen für die Vorzüge älterer Arbeitnehmer zu sensibilisieren. Der Organisationspsychologe Prof. Karlheinz Sonntag von der Universität Heidelberg betrachtete für eine Studie über Gesundheit, Qualifikation und Motivation älterer Arbeitnehmer Menschen zwischen 55 und 70 Jahren und untersuchte 150 andere Quellen. Seinen Erkenntnissen zufolge gibt es nicht zwangsläufig eine Verschlechterung der Leistung von Älteren, vielmehr gestaltet sich die Entwicklung – insbesondere der kognitiven Leistungen – bei jeder einzelnen Person völlig individuell. Stressfest und besonnen:
Über 55jährige schneiden generell nur schlechter ab: wenn sie viel und schnell arbeiten sollen, also wenn sie Informationen schneller verarbeiten müssen. Demgegenüber steht aber ihr Erfahrungsschatz, der sich nicht ersetzen lässt. Das bestätigt Axel Müller vom Personaldienstleister Job AG Industrial Service. Ältere Mitarbeiter hätten oft eine besonders hohe Motivation. Darüber hinaus würden sie Ruhe und Beständigkeit in den Arbeitsalltag bringen und gerade durch ihre lange Arbeitserfahrung gut mit Stresssituationen umgehen können. Auch die Sorge, dass ältere Menschen häufiger aus Krankheitsgründen wegfallen, könne er definitiv nicht bestätigen. Vielmehr würden sie tendenziell sogar eher seltener zu Hause bleiben als Arbeitnehmer der jüngeren Generationen. Konsequente Begleitung:
Unternehmen haben sich heute schon in hohem Maße den Themen „altersgerechtes Arbeiten“und Gesundheitsmanagement verschrieben. Dies zielt jedoch häufig allein auf die Erhaltung der körperlichen Gesundheit ab, weniger auf die Ausschöpfung von Kompetenzen und Potenzialen. Genau dies ist jedoch das Thema von „Diversity“im Hinblick auf das Alter: die Wertschätzung und der gezielte Einsatz der speziellen Kompetenzen der „alten Hasen“. Die Forderung der Experten: Gerade Beschäftigte, die noch mindestens 20 Jahre arbeiten müssen, bräuchten bessere Perspektiven wie Weiterbildung, Integration in Teams aus Jung und Alt und Teilhabe an innovativen Entwicklungen im Unternehmen. Arbeitgeber profitierten dadurch über steigende Motivation, Qualifikation und Bindung. Wichtig sei vor allem, dass sich diese Ansprache durch die gesamte Berufslaufbahn der Beschäftigten ziehe und nicht erst kurz vor der Rente beginne. Wer beständig gefordert werde, roste auch nicht so schnell ein und tue sich nicht schwer mit Innovationen. Ehrenamtlich weiter aktiv: Ein anderer Aspekt ist, dass sich immer mehr Menschen mit Anfang oder Mitte 60 zu jung und fit fühlen, um sich zur Ruhe zu setzen. „Viele Senioren vermissen die Beschäftigung, sie fühlen sich ungebraucht“, so Simon Margraf von der IHK. Deswegen bleiben viele Rentner weiterhin im Berufsleben aktiv und engagieren sich oft ehrenamtlich in Betrieben. Auch seitens der Arbeitgeber bestehe verstärkt Interesse, ältere Mitarbeiter in ihren Betrieben zu halten. Dort stehen sie jungen Auszubildenden als wichtige Mentoren zur Seite. Die Senioren machen nachhaltig Gebrauch von jahrelanger Praxiserfahrung und können beweisen, dass sie weit mehr als nur „altes Eisen“sind. Den unersetzbaren Wert älterer Menschen in der Arbeitswelt hat mittlerweile auch die Politik erkannt – genauso wie die Tatsache des demographischen Wandels: Die Stadt Hamburg fördert eine regionale Netzwerkstelle des bundesweiten Unternehmensnetzwerks „ddn – Das Demographie Netzwerk“. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sollen damit für die Bedürfnisse einer älter werdenen Belegschaft sensibilisiert und der Austausch von Best Practice gefördert werden. Die Arbeitswelt wandelt sich eben.
Ältere Mitarbeiter bringen einen unersetzbaren Erfahrungsschatz mit