Klimawandel: Wird das jetzt öfter passieren?
Nach dem Bergsturz gibt es kaum noch Hoffnung für die Vermissten. Experten warnen: Permafrost-Boden taut auf
Bondo – Sie suchten auch gestern noch. Helfer wurden mit Hubschraubern ins Hochgebirge geflogen, seilten sich ab, einige sogar mit Suchhunden. Doch es gab kaum noch Hoffnung, nach dem Bergsturz die acht Vermissten noch lebend zu finden. Die Chancen seien „nicht im hohen Bereich“, formulierte ein Polizeisprecher gestern vorsichtig. Die Wanderer waren am Mittwoch unabhängig voneinander im Bondasca-Tal an der Grenze zu Italien unterwegs, als eine gewaltige Menge Fels von der Spitze des 3369 Meter hohen Piz Cengalo stürzte.
Die Polizei bestätigte inzwischen, dass vier der Vermissten Deutsche sind und aus Baden-Württemberg stammen. Weitere stammen aus der Steiermark in Österreich.
Unterdessen wird auch über die Ursache des Bergsturzes gestritten. Zwar habe es immer wieder solche Unglücke gegeben, doch angesichts des Klimawandels erhöhe sich die Gefahr, so die Forscherin Marcia Phillips. Ab einer Höhe von etwa 2400 Metern war bisher der Boden dauerhaft gefroren. Doch je wärmer es wird, desto tiefer taut der bisherige Permafrostboden auf. Dann ändert sich nicht nur der Zusammenhalt von Fels und Geröll, auch das Wasser suche sich neue Wege. So gelangt mehr Schmelzwasser in den Untergrund. „Da kann sich enormer Druck aufbauen, weil das Wasser nicht abfließen kann“, sagt Phillips. „Und wenn das Wasser gefriert, entsteht besondere Sprengkraft.“
Die Folgen können nicht ausbleiben: Die Gefahr von Bergstürzen und Murenabgängen wächst. Gestern Nachmittag dann der Beweis: Ein weiterer Murgang! Geröll und Schlamm stürzten zu Tal, schoben sich wieder am Dorf Bondo vorbei, das schon am Mittwoch nur knapp einer Katastrophe entgangen war. „Der Berg rutscht wieder! Dächer treiben vorbei!“meldeten Reporter. Die Helfer waren zuvor in Sicherheit gebracht worden.