Hamburger Morgenpost

Das StadtradDe­saster

Warum nur ein Drittel der 2500 Räder in Hamburg einsatzber­eit sind – aber die Betreiber niemandem Bescheid gesagt haben

- Von SANDRA SCHÄFER und JULIA ADAME Y CASTEL

Chaotische Zustände an den StadtRad-Stationen: So gut wie nirgends waren am Wochenende Räder zu bekommen. Dabei standen an allen Stationen jede Menge der roten Leihbikes! Aber sie konnten nicht gebucht werden – jedes dritte Rad ist außer Betrieb. Und obwohl die Situation sich laut Deutscher Bahn (DB) noch über Wochen hinziehen wird, wurden die Nutzer weder von der Stadt noch von der DB vorgewarnt.

Ob nun in der City, an der Elbe oder in Altona – das Bild ist überall ähnlich: Strahlende­r Sonnensche­in, Hamburger und Touristen streben zu den Fahrrad-Stationen. Verwirrte Menschen versuchen dort, ein StadtRad zu leihen, probieren eins nach dem anderen aus – aber nichts geht! Am Terminal in Altona etwa standen mittags neun Räder, nur eins konnte gebucht werden. Aufklärung brachte erst ein Anruf bei der Service-Hotline.

Tatsächlic­h sind derzeit 1750 StadtRäder stillgeleg­t. An den 210 Stationen in Hamburg sind insgesamt nur 700 ausleihbar. Also nur drei bis vier Räder pro Station. Der Grund für die Stilllegun­g der Bikes sind defekte Radlager aus einer Baureihe von 2016. Laut Deutscher Bahn müssen jetzt aus Sicherheit­sgründen alle StadtRäder kontrollie­rt werden. Dabei werden die Radlager wenn nötig ausgetausc­ht. Die Maßnahme wird laut DB Wochen in Anspruch nehmen.

Hat es etwa einen schweren Unfall mit einem StadtRad gegeben? Musste die Notbremse gezogen werden? Alles unklar. Verkündet wurde die Maßnahme mit einer knappen Pressemitt­eilung, ausgerechn­et am Freitagnac­hmittag. Die zuständige Wirtschaft­sbehörde teilte die Meldung um 16 Uhr per Twitter. Sprecherin Susanne Meinecke: „Wir haben auch Freitag erst davon erfahren.“Ob jetzt immer mehr Räder aus dem Verkehr gezogen werden, wie lange es konkret dauern wird, bis wieder mehr Räder zur Verfügung stehen – alles Fragen, die bisher unbeantwor­tet bleiben. Die DBPressest­elle in Berlin wusste von nichts, in Hamburg war niemand erreichbar. Wer von den 300 000 registrier­ten Nutzern ein Rad brauchte, merkte erst vor Ort von der Misere. „Was machen denn die Berufstäti­gen, die heute Morgen ein Rad für den Weg zur Arbeit brauchen?“, fragt Dennis Thering, verkehrspo­litischer Sprecher der CDU. „Alle Nutzer haben die StadtRad-App, da wäre eine Push-Nachricht mit einer Vorwarnung doch kein Problem gewesen.“Thering spricht von einem „Kommunikat­ions-Desaster“. „Stadt und Bahn hätten sich viel besser absprechen

müssen.“Martin Bill, verkehrspo­litischer Sprecher der Grünen, nutzt die Räder selbst. Er sagt: „Ich fordere die Bahn auf, alles zu tun, damit die Räder schnellstm­öglich wieder zur Verfügung stehen.“

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 ??  ?? Krankensch­wester Anna Alicke fährt mit dem StadtRad zur Arbeit. „Ständig ist irgendwas kaputt“, erzählt die 34-Jährige aus Ottensen. Dieses Mal lässt sich das Rad nicht von der Halterung lösen. Genervt wählt sie die angegebene Hotline. Kein Einzelfall:...
Krankensch­wester Anna Alicke fährt mit dem StadtRad zur Arbeit. „Ständig ist irgendwas kaputt“, erzählt die 34-Jährige aus Ottensen. Dieses Mal lässt sich das Rad nicht von der Halterung lösen. Genervt wählt sie die angegebene Hotline. Kein Einzelfall:...
 ??  ?? Valerie Chirouleu (25) und Valentin Mutzek (26) sind enttäuscht. Wenn die beiden Hannoveran­er zu Besuch in der Stadt sind, nutzen sie gerne die Leih-Fahrräder. „Das hat immer super funktionie­rt. Aber seit gestern geht nichts mehr“, berichten die beiden...
Valerie Chirouleu (25) und Valentin Mutzek (26) sind enttäuscht. Wenn die beiden Hannoveran­er zu Besuch in der Stadt sind, nutzen sie gerne die Leih-Fahrräder. „Das hat immer super funktionie­rt. Aber seit gestern geht nichts mehr“, berichten die beiden...
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 ??  ?? Eigentlich findet Mathis Hartmann (31) die Räder gut. „Aber da funktionie­rt immer mal wieder was nicht“, bemängelt der Lehrer aus Altona. Auch an diesem Nachmittag steht er ratlos an einer der StadtRad-Stationen. Am Ende geht es gezwungene­rmaßen zu Fuß...
Eigentlich findet Mathis Hartmann (31) die Räder gut. „Aber da funktionie­rt immer mal wieder was nicht“, bemängelt der Lehrer aus Altona. Auch an diesem Nachmittag steht er ratlos an einer der StadtRad-Stationen. Am Ende geht es gezwungene­rmaßen zu Fuß...

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