Das StadtradDesaster
Warum nur ein Drittel der 2500 Räder in Hamburg einsatzbereit sind – aber die Betreiber niemandem Bescheid gesagt haben
Chaotische Zustände an den StadtRad-Stationen: So gut wie nirgends waren am Wochenende Räder zu bekommen. Dabei standen an allen Stationen jede Menge der roten Leihbikes! Aber sie konnten nicht gebucht werden – jedes dritte Rad ist außer Betrieb. Und obwohl die Situation sich laut Deutscher Bahn (DB) noch über Wochen hinziehen wird, wurden die Nutzer weder von der Stadt noch von der DB vorgewarnt.
Ob nun in der City, an der Elbe oder in Altona – das Bild ist überall ähnlich: Strahlender Sonnenschein, Hamburger und Touristen streben zu den Fahrrad-Stationen. Verwirrte Menschen versuchen dort, ein StadtRad zu leihen, probieren eins nach dem anderen aus – aber nichts geht! Am Terminal in Altona etwa standen mittags neun Räder, nur eins konnte gebucht werden. Aufklärung brachte erst ein Anruf bei der Service-Hotline.
Tatsächlich sind derzeit 1750 StadtRäder stillgelegt. An den 210 Stationen in Hamburg sind insgesamt nur 700 ausleihbar. Also nur drei bis vier Räder pro Station. Der Grund für die Stilllegung der Bikes sind defekte Radlager aus einer Baureihe von 2016. Laut Deutscher Bahn müssen jetzt aus Sicherheitsgründen alle StadtRäder kontrolliert werden. Dabei werden die Radlager wenn nötig ausgetauscht. Die Maßnahme wird laut DB Wochen in Anspruch nehmen.
Hat es etwa einen schweren Unfall mit einem StadtRad gegeben? Musste die Notbremse gezogen werden? Alles unklar. Verkündet wurde die Maßnahme mit einer knappen Pressemitteilung, ausgerechnet am Freitagnachmittag. Die zuständige Wirtschaftsbehörde teilte die Meldung um 16 Uhr per Twitter. Sprecherin Susanne Meinecke: „Wir haben auch Freitag erst davon erfahren.“Ob jetzt immer mehr Räder aus dem Verkehr gezogen werden, wie lange es konkret dauern wird, bis wieder mehr Räder zur Verfügung stehen – alles Fragen, die bisher unbeantwortet bleiben. Die DBPressestelle in Berlin wusste von nichts, in Hamburg war niemand erreichbar. Wer von den 300 000 registrierten Nutzern ein Rad brauchte, merkte erst vor Ort von der Misere. „Was machen denn die Berufstätigen, die heute Morgen ein Rad für den Weg zur Arbeit brauchen?“, fragt Dennis Thering, verkehrspolitischer Sprecher der CDU. „Alle Nutzer haben die StadtRad-App, da wäre eine Push-Nachricht mit einer Vorwarnung doch kein Problem gewesen.“Thering spricht von einem „Kommunikations-Desaster“. „Stadt und Bahn hätten sich viel besser absprechen
müssen.“Martin Bill, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, nutzt die Räder selbst. Er sagt: „Ich fordere die Bahn auf, alles zu tun, damit die Räder schnellstmöglich wieder zur Verfügung stehen.“