Es wird nicht reichen!
Heftiger Streit um die Rente mit 70 – Ökonomen kritisieren Merkels klares Nein
Berlin – Richtig fuchsig wurde Angela Merkel im TV-Duell nur ein Mal: als Martin Schulz sie mit Plänen des CDU-Wirtschaftsflügels für eine „Rente mit 70“konfrontierte. Die Kanzlerin witterte die Gefahr beim Reizthema Rente – jeder zweite Wähler ist über 52 – und bekannte Farbe: mit ihr werde es keine Rente mit 70 geben.
Seitdem laufen die Ökonomen, vor allem die Arbeitgebern-nahen, Sturm. Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther: „Die Rente mit 70 auszuklammern, mag zwar wahltaktisch erfolgreich sein, nicht aber langfristig für die deutsche Gesellschaft.“Viele Menschen wollten nun mal länger arbeiten, argumentiert auch CDU-Jungstar Jens Spahn, der als möglicher MerkelNachfolger gilt. Die Kritik der Ökonomen zeigt laut Linken-Chef Bernd Riexinger, dass „ein weiterer Rentenraub“durch eine Rente ab 70 nicht vom Tisch ist. Wie bedrohlich ist die Lage ➤ der gesetzlichen Rente? Sie ist ernst. Weil in den nächsten 20 Jahren die geburtenstarken Jahrgänge ausscheiden, wird das Verhältnis zwischen Berufstätigen und Rentenbeziehern immer ungünstiger. Es drohen Rentenbeiträge von 22 bis 26 Prozent, das Rentenniveau dürfte rapide auf 43 Prozent absinken. Was hat die Politik getan? Die ➤ Union und die SPD haben in den letzten vier Jahren gemeinsam die Rentenkasse geplündert, um ihre Wahlversprechen – Rente mit 63 (SPD), Mütterrente (Union) – durchzusetzen. Gab es 2014 noch 3,2 Milliarden Euro Überschuss, lag das Minus schon 2016 bei 2,2 Mrd. Wäre die Rente mit 70 ein ➤ „Rentenraub“? Ja. Schon die Rente mit 67 war ein gewaltiges Renten-Kürzungsprogramm. Wer es nicht bis 70 schafft – und das wird die große Mehrheit sein –, muss mit kräftigen Abschlägen bei
„Millionen Menschen werden freiwillig länger arbeiten.“Jens Spahn (CDU)
der Rentenhöhe rechnen. Wie könnte man gegensteuern? ➤ Die SPD will den Zuschuss aus dem Bundesetat erhöhen, um die Beiträge unter 22 Prozent und das Rentenniveau über 48 Prozent zu halten. Die Linke fordert, dass alle in die gesetzliche Rente einzahlen, auch die Politiker. Die Union hat kein Konzept vorgelegt.