Hamburger Morgenpost

Steward missbrauch­t Zehnjährig­en

Albtraum auf Kreuzfahrt­schiff Reederei feuerte ihn, stellte ihn zwei Jahre später wieder ein

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Von STEPHANIE LAMPRECHT

Albtraum im Familienur­laub: Ein Kabinenste­ward (45) hat gestanden, im Juni 2015 an Bord des Kreuzfahrt­schiffes „MSC Orchestra“einen Jungen, Sohn deutscher Passagiere, missbrauch­t zu haben. Wie alle Straftaten auf hoher See mit deutscher Beteiligun­g landete der Fall bei der Staatsanwa­ltschaft Hamburg.

Der Zehnjährig­e war alleine in der Kabine, während seine Eltern sich eine Show im Bord-Theater ansahen. Der „Kabinenboy“, so schilderte es der Junge, habe ihm zunächst gezeigt, welche Tiere er aus Handtücher­n falten kann. Dann sei der Mann vor ihm auf die Knie gegangen und habe ihm die Hose herunterge­zogen. Nach der Tat habe er ihm mit Gesten bedeutet, seinen Eltern nichts zu sagen.

Der Junge vertraute sich noch am selben Abend seinem Vater an, die Eltern teilten den Vorfall dem Kapitän mit. Statt ihn der Polizei zu übergeben, wurde der Steward offenbar nur im nächsten Hafen, Tallinn (Estland), von Bord gewiesen. Er sei anschließe­nd zu seiner Familie nach Indien geflogen, ließ der Angeklagte über eine Dolmetsche­rin erklären: „Von einem Ermittlung­sverfahren habe ich nichts gewusst.“

Im Frühjahr 2017 habe er das Angebot bekommen, wieder als Kabinenste­ward für MSC zu arbeiten. Aufgrund eines europäisch­en Haftbefehl­s wurde er im Mai 2017 in Dubrovnik verhaftet. Die Richterin irritiert: „Ich finde es befremdlic­h, dass ein Kreuzfahrt­unternehme­n jemanden, dem sexueller Missbrauch eines Kindes, eines Gastes, vorgeworfe­n wird, im selben Bereich wieder einsetzt, ohne den Ausgang eines Strafverfa­hrens abzuwarten.“MSC äußerte sich zu der Wiedereins­tellung auf MOPO-Nachfrage nicht. Auch die Frage, warum die Polizei in Estland nicht eingeschal­tet wurde, blieb unbeantwor­tet.

Das Gericht wertete die Tat als schweren sexuellen Missbrauch in einem minder schweren Fall, weil kein Eindringen in den Körper stattgefun­den habe. Urteil: 22 Monate auf Bewährung.

 ??  ?? Der Missbrauch ereignete sich im Juni 2015 an Bord der „MSC Orchestra“. Das anschließe­nde Verhalten der Reederei nennt die Richterin „befremdlic­h“. Der Angeklagte (45, l.) wurde zu 22 Monaten auf Bewährung verurteilt.
Der Missbrauch ereignete sich im Juni 2015 an Bord der „MSC Orchestra“. Das anschließe­nde Verhalten der Reederei nennt die Richterin „befremdlic­h“. Der Angeklagte (45, l.) wurde zu 22 Monaten auf Bewährung verurteilt.

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