...Max Schmeling Getränkehändler wurde
1.9.1957 Der Box-Weltmeister stieg vor 60 Jahren bei Coca-Cola ein und trug entscheidend zum Erfolg der Marke in Deutschland bei
Max Schmeling war nicht nur Box-Weltmeister, nicht nur Sportskanone. Er war auch ein echtes Idol. Steinalt ist er geworden. Und als er mal gefragt wurde, wie er es schafft, auch im hohen Alter noch topfit zu sein, da setzte er das für ihn typische lausbübische Grinsen auf: „Täglich Sport“, antwortete er, um dann – ganz Geschäftsmann und PR-Stratege – hinzuzufügen: „… und Coca-Cola.“
Genau 60 Jahre ist es her: Am 1. September 1957, neun Jahre nach seinem letzten Kampf, gibt Schmeling noch mal Gas und startet seine zweite Karriere: als Konzessionär des größten Getränkeherstellers der Welt. Er übernimmt die Abfüllund Vertriebsrechte für CocaCola in Hamburg. Der berühmteste Coca-Cola-Konzessionär weltweit wird zum wichtigen Wegbereiter des Unternehmenserfolgs in der Bundesrepublik.
Geboren wird Max Schmeling in Klein Luckow in der Uckermark (Vorpommern). Er ist 19, als er 1924 Berufsboxer wird. Seine ersten internationalen Kämpfe hat er in New York, der Welthauptstadt des Boxens. Dort lernt er auch James Farley kennen, den Chef der mächtigen Boxkommission – eine Begegnung, die für seine zweite Karriere bei Coca-Cola noch von Bedeutung sein wird.
Schmeling – Kampfname „Der schwarze Ulan vom Rhein“– steht am 12. Juni 1930 gegen Jack Sharkey im Ring. Nach einem regelwidrigen Tiefschlag seines Gegners in der vierten Runde kann Schmeling zwar nicht weiterkämpfen, wird aber zum Weltmeister erklärt. Denn Sharkey wird disqualifiziert. Zwei Jahre später, beim Rückkampf gegen Sharkey, verliert Schmeling den Titel wieder – durch ein Skandalurteil des Ringrichters.
Doch Schmeling gelingt das Comeback: Er besiegt 1936 den als unbesiegbar geltenden Joe Lewis durch K.o. und macht sich damit unsterblich. Daheim in Deutschland wird der Weltmeister zum Liebling der feinen Gesellschaft. Der smarte Boxer dreht Filme, singt Lieder und schreibt Bücher. Weil er es jedoch ablehnt, sich den Nazis anzubiedern, schickt ihn Hitler in den Krieg. Er landet als Falschschirmjäger auf Kreta, wird dabei schwer verwundet.
Pelztierzüchter und Eierlikörfabrikant
1946. Das Morden auf den Schlachtfeldern ist vorbei. Max Schmeling und seine Frau sind inzwischen nach Hamburg übergesiedelt, stehen – wie Millionen andere auch – vor dem Nichts. Noch einmal tritt der Boxer in den Ring – es wird sein letzter Kampf. Er verliert. Egal. Die 40000 Mark Gage sind das Startkapital für eine neue Zukunft. Schmeling baut jetzt Tabak an, betreibt einen Hühnerhof, versucht sich als Eierlikörfabrikant und Pelzeines tierzüchter. Bis sich Tages Coca-Cola bei ihm meldet.
James Farley hat inzwischen Karriere gemacht. Er hat als Minister der US-Regierung angehört, wäre einmal sogar fast Prä-
sident geworden. Nun ist er Chef der Coca-Cola Export-Corporation. Als Schmeling 1952 New York besucht, klingelt im Hotelzimmer das Telefon. Farley: „Max, I want to see you.“Ich möchte dich sehen. Er bietet seinem alten Freund an, die Coca-Cola-Konzession für Hamburg-Ost zu übernehmen. 250 000 Mark muss Schmeling aufbringen. Er leiht sich das Geld.
„Ich sag’ Kuddel, Hein und Fietje zu euch!“
Als er im August 1957 die Coca-Cola-Fabrik in Wandsbek besucht, ahnen die Mitarbeiter noch nichts. Überall tönt es ihm entgegen: „Hallo Maxe, gib uns ein Autogramm!“Acht Tage später erscheint er wieder in der Fabrik – als Chef. Verlegenes Lächeln. Es werden Entschuldigungen gestammelt wegen der allzu vertraulichen Anrede eine Woche zuvor: Aber Schmeling macht eine wegwerfende Handbewegung und grinst: „Ich sag’ Kuddel und Hein und Fietje zu euch.“Alle lachen.
Der damalige Geschäftsführer der Coca-Cola GmbH, Max Keith, begrüßt Schmeling herzlich als neuen Partner und gibt den anderen Konzessionären augenzwinkernd eine Warnung mit auf den Weg: „Herr Schmeling ist harten, sportlichen Wettkampf gewohnt, und es könnte sehr gut sein, dass mit seiner tatkräftigen Unterstützung die Verkäufe in Wandsbek gegenüber denen in Altona bald davonlaufen werden.“
1962 zieht die Firma „Getränkeindustrie Max Schmeling + Co KG“von der Helbingstraße an die Wandsbeker Straße in Bramfeld. Von Jahr zu Jahr laufen mehr Flaschen vom Band – was auch an der geschickten PR liegt: Öffentlichkeitswirksam öffnet Schmeling immer dann eine Flasche Coke, wenn gerade die Kameras surren. Und 1959 empfangen ihn die Zuschauer beim Sportpresseball in der Deutschlandhalle mit dem Ruf: „Mach mal Pause – trink Coca-Cola“– damals der bekannteste Werbeslogan überhaupt.
Schmeling stirbt 2005 im Alter von 99 Jahren. Die vielen Millionen, die er mit Coca-Cola verdient hat, fließen in die Max-SchmelingStiftung, die unter anderem Jugendhilfeprojekte in der Uckermark finanziert, Schmelings Heimat. Kinder hatte er keine.
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