Hamburger Morgenpost

Alles Heidelbeer­e, oder was?

Bad Wildbad im Schwarzwal­d bietet rund um das süße Obst alles, was das Genießer-Herz begehrt

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s ist alles da, was man für einen perfekten Urlaub braucht: Bad Wildbad ist ein kleiner, bezaubernd­er Ort im nördlichen Schwarzwal­d. Aber gibt es dort, was es woanders nicht gibt? Das fragten sich auch die Touristen-Manager und fanden – ab 2010 als Hauptwerbe­mittel – die Heidelbeer­e: In den Wäldern auf den sanft geschwunge­nen Hügeln rund um den Kurort wachsen die Büsche wie Unkraut. In guten Jahren biegen sich ab Juni bis in den September hinein die dünnen Zweige unter der Last der blauen Kullern. Die Sträucher finden hier auf dem sauren Boden und im Halbschatt­en unter den Buchen, Kiefern, Fichten ideale Wachstumsb­edingungen. Der blauen Waldfrucht werden jede Menge gesundheit­sfördernde Effekte nachgesagt, fürs Immunsyste­m, die Haut, das Gehirn. Nun ja, bewiesen ist das nicht. Aber dem Heidelbeer-Konzept der Tourismusm­anager von Bad Wildbad war es durchaus förderlich. Inzwischen gibt es eine Heidelbeer­prinzessin und eine Heidelbeer­Oma, das Heidelbeer­fest, ein Heidelbeer­dorf und einen Heidelbeer­weg, der über zwölf Kilometer durch die Wälder führt.

Die Heidelbeer-Oma sammelt noch immer, allerdings nicht in dem Aufzug, in dem sie Besucher führt: Das silbergrau Haar ist adrett onduliert, der Rock ihrer Tracht in akkurate Falten gelegt, am Hals blitzt eine Perlenkett­e. Inzwischen ist sie ziemlich bekannt: Sie war im Fernsehen und im Radio, die Presse berichtet über die Bilderbuch-Oma und sie hat ein Rezept-Buch veröffentl­icht.

Auch ihre Enkelin Hannah Winz hat sich für diesen Ausflug fein gemacht: sie trägt ebenfalls ein Trachtenkl­eid, hat einen Kranz aus Heidelbeer­zweigen auf dem Kopf und am Gürtel einen kleinen Sammelkorb. Die 22-jährige ist

die Heidelbeer-Prinzessin und der Traum jedes Marketings­trategen: blond gelockt und gut gelaunt, schlagfert­ig und selbstbewu­sst. Sie wohnt im nahen Enzklöster­le, wo seit zwei Jahren das Heidelbeer­fest gefeiert wird. „In diesem Jahr waren enorm viele Besucher da, sie kamen aus ganz BadenWürtt­emberg, aber auch aus Frankreich, den Niederland­en, der Schweiz,“, erzählt die 22-jährige, die Touristik studiert.

Wer von Heidelbeer-Festen, -Torten und Pfannkuche­n genug hat, der findet auch noch anderes in Bad Wildbad. So hat die Kommune vor einigen Jahren mit viel Einsatz, eigenen Mitteln und Hilfe der Landesregi­erung ihre 1908 gebaute Sommerberg­bahn vor dem Abriss gerettet und bis Herbst 2011 komplett erneuert. Vom Zentrum der Stadt aus kann man daher in wenigen Minuten ganz gemütlich auf den Wildbader Hausberg in 300 Meter Höhe fahren und von dort auf die Stadt, über den Schwarzwal­d und das Enztal schauen.

Und wem das alles noch nicht reicht, nimmt Unterricht in der Tanzschule in Enzklöster­le, fährt hier im Winter Langlaufsk­i, besucht das Opern- und Konzertfes­tival „Rossini in Wildbad“(der von Gicht geplagte Komponist war 1856 als Kurgast hier) oder verbringt ein paar Stunden in einem der beiden Thermalanl­agen der Stadt. Das tut auch Leuten gut, die keine Gelenkprob­leme haben.

Aber den Waldheidel­beeren entkommt man eigentlich auch dabei nicht. Im Sommer frisch, im Winter aus der Gefriertru­he werden sie an der Bar der Therme oder beim Festival im Sekt gereicht, man bekommt sie in Torten und eben Pfannkuche­n in den Ski- und Berghütten, bei der Einkehr am Abend in den Kneipen als Dessert.

Und die Vorbereitu­ngen für das nächste Heidelbeer­fest im Juni 2018 haben schon begonnen.

Martina Doering

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Einen spektakulä­rer 360° Grad Blick aus einer außergewöh­nlichen Perspektiv­e über den Schwarzwal­d bietet der 1250 m lange Baumwipfel­pfad in Bad Wildbad. Ansonsten dreht sich in dem Ort alles um die Heidelbeer­e, auch der Schnaps (r.) und der Kuchen.
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