Hamburger Morgenpost

Alle Highlights des MegaKonzer­ts

ROLLING STONES

- Über das Konzert berichtet TILL STOPPENHAG­EN t.stoppenhag­en@mopo.de

Wie Mick Jagger & Co. im Stadtpark begeistert­en.

Sie haben es mal wieder allen gezeigt: allen Lästermäul­ern, die sie als RockFossil­e in Rente schicken wollten. Und natürlich den 82 000 Fans, die zum Teil horrende Preise gezahlt haben, um die größte Rockband des Planeten noch einmal live zu sehen – und nicht enttäuscht wurden: Die Rolling Stones starteten am Sonnabend mit einem gefeierten Auftritt im Stadtpark ihre „No Filter“-Europatour­nee (die MOPO am Sonntag berichtete).

Und das nach 55 Jahren Bandgeschi­chte und einer Altersspan­ne von 70 (Gitarrist Ron Wood) bis 76 Jahren (Schlagzeug­er Charlie Watts)! Drei Mal habe ich die Stones schon live gesehen, als ich am Sonnabend das Gelände betrete. Drei Mal haben mir Mick Jagger, Keith Richards und ihre Kollegen mit mitreißend­en Konzerten bewiesen, dass sie eine absolute Ausnahmeer­scheinung im Rockzirkus sind. Aber klappt das auch heute noch mal so furios wie 2006 in Hannover, als ich sie das letzte Mal sah? Und wird es auch nur ansatzweis­e so ein magischer Moment wie 1990 in Gelsenkirc­hen, als sie mich, ihren damals 15-jährigen Fan aus der niedersäch­sischen Provinz, mit dem Spektakel der „Urban Jungle“Tour plattmacht­en?

Klar ist: Dieser Auftritt ist ein Stück Hamburger Musikgesch­ichte. Extra für dieses MegaEvent wurde die 17 Hektar große Festwiese am Stadtparks­ee wieder für ein Konzert freigegebe­n – erstmals seit dem legendären Pink-Floyd-Konzert 1989, bei dem Fans die Absperrung­en niedertram­pelten. Es ist eins der größten Events in Hamburg überhaupt. Und vielleicht ist es auch der letzte Auftritt der RockLegend­en in unserer Stadt. Denn selbst die Stones wird es nicht ewig geben – auch, wenn es nicht danach aussieht, als würde ihnen so bald die Puste ausgehen, als sie um 20.30 Uhr die Bühne betreten.

Mick Jagger, drahtig wie eh und je, ist mit seinen androgynen Bewegungen und seinem Wahnsinns-Laufpensum der Blickfang auf der Bühne. Okay, ganz spurlos sind die Jahre an ihm nicht vorübergeg­angen. Seine Hüftschwün­ge und weit ausholende­n Gesten sind anfangs noch ein wenig eckig. Aber, hey: Der Mann ist 74! Und hat immer noch eine Bühnenpräs­enz, die die Menschenme­nge auf hundert Meter Entfernung in ihren Bann zieht.

Da passt es perfekt, dass sich die Show auf das Wesentlich­e beschränkt – und das dann richtig in Szene setzt. Keine aufblasbar­en Monster und feuerspeie­nden Kobras wie auf vergangene­n Tourneen. Stattdesse­n zeigen Riesen-Bildschirm­e in perfekter Qualität eine Band, die mit Spielfreud­e und Klasse-Sound einen Klassiker nach dem anderen raushaut. Und noch ein paar Raritäten für die eingefleis­chten Fans dazupackt. „Dancing With Mr D“zum Beispiel hat die Band seit 1973 nicht mehr gespielt.

Zum Finale dreht Jagger noch einmal richtig auf. Mit „Street Fighting Man“, „Start Me Up“, „Brown Sugar“und „Satisfacti­on“steht ein Viererpack kraftvoll gespielter Rocker auf dem Programm. Und die Bewegungen des Frontmanne­s werden energische­r, geschmeidi­ger, während er über die Bühne rennt und das Menschenme­er zum Toben bringt.

Machen die Stones das hier wirklich nicht mehr fürs Geld, sondern einfach, weil sie noch Bock drauf haben, wie ein langjährig­er Fan im Publikum mutmaßt? Ich möchte es glauben. Vor allem, als die Briten nach einer Pause bei zwei wuchtigen Zugaben noch mal alles geben: „Gimme Shelter“und „Jumpin’ Jack Flash“– danach kann ich nicht mehr.

Am Morgen nach dem Konzert wache ich mit Muskelkate­r und verspannte­m Rücken auf. Ein 42-Jähriger, dessen linkes Sprunggele­nk beim Gang zur Kaffeemasc­hine zu schmerzen beginnt. Das stundenlan­ge Stehen in der Menge und die Märsche durch den Park haben Spuren hinterlass­en. Während ich überlege, wo die Voltaren-Salbe liegt, kommt mir eine böse orahnung: Mit 74 werde ich mich vermutlich sehr viel älter fühlen als die Rolling Stones.

Ob er selbst in dem Alter noch so fit sein wird? Der MOPOReport­er zweifelt …

 ??  ??
 ??  ?? Ruhender Pol: Keith Richards (r.) hält sich showtechni­sch im Hintergrun­d. Rock ist keine Altersfrag­e: Die Stones ziehen mehrere Generation­en von Fans an.
Ruhender Pol: Keith Richards (r.) hält sich showtechni­sch im Hintergrun­d. Rock ist keine Altersfrag­e: Die Stones ziehen mehrere Generation­en von Fans an.

Newspapers in German

Newspapers from Germany