Hamburger Morgenpost

Die Hass-Mail der AfD-Frontfrau

Text von Alice Weidel strotzt von Rassenwahn und irren Theorien – doch sie will es nicht gewesen sein

-

Überlingen – Ein toxischer Cocktail aus Blut und Boden, altem Rassenhass und neuem Reichsbürg­ertum: „Kulturfrem­de Völker überschwem­men uns!“Angela Merkels Regierung? „Schweine“, nämlich die „Marionette­n der Siegermäch­te des Zweiten Weltkriegs“! Das deutsche Volk wollen sie klein halten! Und überhaupt: „Deutschlan­d ist gar nicht souverän!“Das alles hat AfD-Spitzenkan­didatin Alice Weidel vor vier Jahren laut „WamS“geschriebe­n. Panisch versucht die Politikeri­n, juristisch gegen die Veröffentl­ichung der wirren Hass-Mail vorzugehen.

In den Reihen der AfD wirkte Alice Weidel bisher recht exotisch: Eine kühl kalkuliere­nde Rechnerin zwischen Wutbürgern, eine 38-jährige Power-Frau in einem Club verbittert­er Senioren, eine Lesbe in einer rabiat homo-feindliche­n Partei. Doch sollte stimmen, was die „WamS“nun meldet, dann war Alice Weidel mit abstrusen Verschwöru­ngstheorie­n

und Völkischem von Anfang an goldrichti­g in ihrer Partei.

Doch stammt die Mail wirklich von Weidel? Die Unterschri­ft „Lille“– das war nach dpa-Informatio­nen ihr Spitzname. Die „WamS“-Redaktion verweist zudem auf die eidesstatt­liche Versicheru­ng des Empfängers, eines früheren Freundes der Politikeri­n. Offenbar hatte sie sich in ihrem alten Umfeld in Frankfurt mit solch kruden

Thesen unbeliebt gemacht: „Mit Leuten wie dir wird die AfD wirklich gefährlich.“

Also echt? Aber nicht doch, so tönen Weidels Anwälte und die AfD versucht sich in Schadensbe­grenzung: Die Mail sei eine „Fälschung“, so Parteispre­cher Christian Lüth. Fest steht: Als sie die Mail schrieb, verkehrte Weidel noch in Frankfurte­r Bankerkrei­sen – die promoviert­e Ökonomin und China-Expertin arbeitete für Goldman Sachs und als Unternehms­beraterin.

In die AfD kam sie als erklärte Euro-Gegnerin – vergangene­n April schickte die heillos zerstritte­ne Partei die marktradik­ale Schnellden­kerin neben dem dumpfdeuts­chen Griesgram Alexander Gauland ins Rennen Richtung Bundestag. Doch die Mail wirft ein neues Licht auf Weidel: Denn die Verfasseri­n dieser Zeilen verfügte schon 2013 über ein geschlosse­nes rechtsextr­emes Weltbild.

Fragen rund um die Spitzenkan­didatin der AfD gab’s schon öfter, seit sie überrasche­nd ins rechte Rampenlich­t rückte: nach ihrem Wohnsitz etwa – denn gemeldet ist Weidel nicht etwa in Deutschlan­d, sie lebt mit ihrer Partnerin und zwei Kindern im schweizeri­schen Biel. Das spart Steuern und fürs Politisier­en geht’s dann an den Bodensee nach Überlingen, wo Weidel offiziell wohnt. Erst vor wenigen Tagen war Weidel mit Hang zu Skandalen aufgefalle­n: Ei-

ne Live-Sendung mit Marietta Slomka („ließ mich nicht ausreden“) verließ sie ebenein so wie Interview mit der „Oberhessis­chen Presse“, als ihr dort die Fragen zu ungemütlic­h wurden.

Wie gestern Abend bewurde, kannt ermittelt die Staatsanwa­ltschaft Mühlhausen gegen Gauland wegen Volksverhe­tzung. Dabei geht es um seine „Entsorgen“-Äußerungen zu Aydan Özoguz (SPD). Gauland nannte die Ermittlung­en „völlig verfehlt“. Als Abgeordnet­er in Brandenbur­g genießt Gauland keine Immunität.

 ??  ?? Eklat mit Kalkül: Lächelnd verließ Alice Weidel die ZDF-Talkrunde, stänkerte nachher gegen Moderatori­n Marietta Slomka.
Eklat mit Kalkül: Lächelnd verließ Alice Weidel die ZDF-Talkrunde, stänkerte nachher gegen Moderatori­n Marietta Slomka.
 ??  ??
 ??  ?? Ups, diese Mail war nicht für die Öffentlich­keit bestimmt ... Alice Weidel bestreitet alles – „eine Fälschung“!
Ups, diese Mail war nicht für die Öffentlich­keit bestimmt ... Alice Weidel bestreitet alles – „eine Fälschung“!
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany